Elisabetha, die schöne Schifferin vom Brienzersee - Xecutives.net historischer Bericht
Elisabeth Grossmann (1794-1858)

Elisabetha, die schöne Schifferin vom Brienzersee – eine frühe Influencerin – verdrehte Besuchern aus der ganzen Welt mit ihrer Ausstrahlung und Schönheit den Kopf.
Heute kennt man diese Frau als «La Belle Batelière de Brienz» und findet sie auf vielen Zeichnungen und Bildern, auch in Museen.
Wer etwas auf sich hielt und sich für Frauen interessierte, reiste im frühen 19. Jahrhundert nach Brienz, um sich von der schönen Schifferin über den See transportieren zu lassen.

F.A Volmar beschreibt in seinem Buch aus dem Jahr 1964 «Elisabetha – Die schöne Schifferin vom Brienzersee» das Leben der Berner Oberländerin.
Was zunächst romantisch und schön klingt, wird bei näherer Betrachtung zu einem menschlichen Drama. Die «naive Naturgrazie», wie sie der Verfasser beschreibt, wird umschwärmt und Menschen aus London reisen an den See, um ihr einen Antrag zu machen und ihr das eigene Vermögen zu offerieren.
Lord Byron liess sich 1816 ebenfalls von drei Schiffermädchen über den See transportieren. Nebst dem Transport gab es schöne Trachten zu bewundern und die Mädchen sangen während der Schifffahrt unter dem bengalisch beleuchteten Giessbachfall – eine weitere damalige Attraktion.

Elisabetha führte am See zu einem wahrhaftigen Boom. Sie wurde auf Tassen, Pfeifenköpfen und Meissener Porzellan abgebildet. Noch heute findet man solche Trouvaillen in Brockenstuben (Trödelläden) im Berner Oberland.
Es war damals gang und gäbe, auch von kleinen Kindern Vieh vom einen Seeufer zum anderen navigieren zu lassen, was für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Der Schulmeister Johannes Kehrli, der den Giessbach und seine Umgebung propagierte, sorgte mit seinen singenden Kindern unter den Giessbachfällen für weltweite Aufmerksamkeit. Begleitet von Klavier und Alphorn stimmten sie das «Giessbach-Lied» an, ein Stück des Pfarrers Daniel Wyss, so wird vermutet.

Brienzersee
Der Brienzersee

Die schöne Schifferin, mit richtigem Namen Elisabeth Grossmann, geboren 1794, wurde in den folgenden Jahrzehnten zur wohl bekanntesten Person im Berner Oberland. Gerade mal 12 Jahre alt, verfällt der deutschbaltische Baron Wilhelm v. Balk dem Charme und der Schönheit von Elisabeth und bezahlt ihr ein Erziehungsinstitut in Bern. Sie wird von einer Prinzessin Czartoryska (was offenbar nicht ganz klar ist) begleitet, die dem jungen Mädchen zur Seite steht.
Der aus strengem Milieu stammende Neuenburger Abram Francois Pettevel verfällt der Schifferin vollends. Es entwickelt sich eine Romanze, die jäh beendet wird, als die Mutter von Pettevel ihm verbietet, die schöne blonde Frau vom Brienzersee zu heiraten – ein sehr unrühmliches Unterfangen, das Pettevel schlecht aussehen lässt. Dieser Eklat sollte Elisabeth Grossmann ihr Leben lang beschäftigen. Es scheint, als würde sie das Glück nicht mehr finden können. Der Autor schliesst nach Angaben über ihren Tod im Jahr 1858 mit folgendem Wortlaut: «Aber ihre einst auch Künstler und Literaten entzückende Erscheinung lebt fort als unverwelkliche Blume einer längst entschwundenen empfindsamen Zeit, als reizvolle Vignette in der Geschichte des schweizerischen Tourismus…»

Die Loreley des Brienzersees und Berner Oberlandes, eine frühe Influencerin, deren Lebensgeschichte sehr lesenswert und berührend ist.

Elisabetha, die schöne Schifferin vom Brienzersee, Buch von F.A. Volmar aus dem Jahr 1964
Reproduktion in Originalgrösse nach Markus Dinkel (Elisabeth Grossmann 1762 -1832: Gottfried Keller-Stiftung, Depot Kunstmuseum Bern;
Offsetdruck Jordi Belp/Bern)

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