Unsere Vorfahren, die Kelten, bewohnten grosse Teile des Mittellandes. Der bekannteste Stamm der Kelten auf dem Gebiet der heutigen Schweiz waren die Helvetier. Es gab aber auch noch die Rauraker und andere kleinere Verbände. Über den Auszug der Helvetier im Jahr 58 v. Chr. haben wir im Gespräch mit Dr. Andres Furger bereits berichtet.
Die Helvetier waren nicht nur tüchtige Krieger, sie waren auch im Exportgeschäft tätig. Einer der grössten Exporterfolge dürften Sklaven gewesen sein, welche die alten Kelten an die Römer verkauft haben. Importiert haben sie im Gegenzug vor allem Wein. Der Weinkonsum dürfte immens gewesen sein, da bspw. in Basel alte Keltenstrassen und -wege gefunden wurden, die mit Amphorenscherben gepflastert waren. Offenbar war der Weinkonsum so gross, damit auch die Anzahl der Amphoren, dass man diese als Baumaterial verwendet hatte.

Die Helvetier waren Kelten. Sie lebten ab ca. 400 v. Chr. auch auf dem Gebiet der heutigen Schweiz, vor allem im Mittelland, auch in Langenthal, das damals «Langadunum» hiess. Das Wort «Dunum» ist keltischen Ursprungs und heisst in etwa «Der befestigte Ort». Da der Fluss durch Langenthal Langa hiess (heute Langeten), nannte man Langenthal «Langadunum», der «befestigte Ort an der Langa». Das Wort «Dunum» finden wir auch, wenn wir uns mit dem Stadtnamen «Thun» beschäftigen. Man nannte die Stadt früher «Dunum». Und jetzt wird es interessant: Dieses Wort führte auch zum Begriff «Zaun», auf Mundart «Zun», eben ein keltisches Wort, das wir in der Schweiz oft brauchen. Auch das englische Wort für Stadt, also «Town» geht auf «Dunum» zurück. Alles keltisch somit!

Eine Vielzahl anderer Wörter haben einen keltischen Ursprung, worüber sich heute nur noch wenige Menschen bewusst sind. Aber den wenigsten Menschen, auch in der Schweiz, dürfte bekannt sein, dass die Kelten schon sehr früh Karren exportiert hatten. Sie verstanden es, Karren mit Federungen herzustellen, die bspw. im Gebiet der Römer auf grosses Interesse stiessen. Das Wort «car» geht auf die Kelten zurück. Sie waren Spezialisten im Wagenbau. Die Wort-Herkunft «Carrus» ist ein klares Zeichen dafür, dass die Römer grosses Interesse an deren Technik hatten.
Auch auf dem Gebiet der heutigen Schweiz sind somit schon vor über 2000 Jahren «Karren» beziehungsweise deren Technologie in ferne Gegenden exportiert worden. Man kann sich vorstellen, dass ein solcher «Karren», auf dem damaligen höchsten technischen Stand (u.a. gefedert!), in Rom für Aufsehen gesorgt hatte. Es sind zwar nur wenige Karren auf dem Gebiet der Schweiz gefunden worden. Aber die wenigen Funde bestätigen das grosse Wissen der Kelten um das Entwickeln und Bauen von guten Karren. Vor allem gefederte Streitwagen machten den Römern Eindruck. Denn es bestand bei normalen Karren das Risiko, dass man auf holprigem Gelände aus dem Karren gespickt wurde, womit sich kein Krieg gewinnen liess. Die Kelten fanden eine technische Lösung für dieses Problem.

Xecutives.net Interview Andres Furger Test des nachgebauten keltischen Streitwagens im Jahre 1986
Andres Furger – Test eines nachgebauten keltischen Streitwagens im Jahre 1986

Die Helvetier wollten 58 v. Chr. in den Süden des heutigen Frankreichs auswandern. Man geht davon aus, dass sich zwischen 200’000 und 300’000 Kelten auf den Weg gemacht hatten, mit ihrem ganzen Hab und Gut, der Sonne im warmen Südfrankreich entgegen. Man geht heute davon aus, dass der ganze Wagen- und Tiertross über 15 Kilometer lang war, eine unglaubliche logistische Herausforderung vor über 2000 Jahren! Der Grund für diesen Auszug der Kelten ist nicht vollends geklärt. Sicher spielen die Germanen eine Rolle, die vom Norden her Druck auf die im Gebiet der heutigen Schweiz siedelnden Kelten machten. In der Folge hatten aber die Helvetier Pech. In der bekannten Schlacht bei Bibracte (F) wurden sie von Cäsar und seinem Heer besiegt. Diejenigen, die die Schlacht überlebten, wurden wieder nach Hause geschickt. Manch einer und manch eine ging somit auch wieder zurück ins heutige schweizerische Mittelland, von wo sie ausgezogen waren.

52 v. Chr. versuchten die Kelten sich unter der Führung von Vercingetorix noch einmal gegen Cäsar und die Römer aufzulehnen. Auch die Helvetier waren beteiligt. Im heutigen Alise-Sainte-Reine (damals «Alesia») kam es zum Showdown. Die Kelten unterlagen und besiegelten damals als eigenständige Völkerschaft ihren Untergang. Sie gingen im römischen Reich auf. Es beginnt die Zeit der Romanisierung der heutigen Schweiz (siehe dazu Interview mit Dr. A. Furger).

Statue des Vercingetorix, berühmter gallischer Krieger in Alesia, Alise-Sainte-Reine, Frankreich, der dem römischen Kaiser Julius Cäsar die Stirn bot. In einem Bericht von Xecutives.net
Statue des gallischen Kriegers Vercingetorix in „Alesia“, Alise-Sainte-Reine, Frankreich

Sie sind aber unsere Vorfahren, die Helvetier, und wir haben heute immer noch viel mit den Kelten zu tun. Sei es aufgrund der Sprache, aber auch in Bezug auf viel Brauchtum. Man geht heute, um ein schönes Beispiel für die Schweiz zu nennen, davon aus, dass das Alphorn auf ähnliche Instrumente zurückzuführen ist, welche die Kelten schon benutzten. Sie hielten das Horn jedoch beim Spielen in die Luft. Das Alphorn ist definitiv eine keltische Erfindung! Aber auch andere Wörter, die wir noch heute brauchen, gehen auf die alten Kelten zurück: Gufe, Bänne, Zeine, Lanze, Amt, auch das Wort Whisky stammt aus dem keltischen….

Das Sprichwort «Fluchen wie ein Karrenführer am Hauenstein» übrigens, geht auf die alten Römer zurück, die den Hauenstein gerne als Transportweg für ihre standardisierten Fuhrwerke nutzten, um damit in den Norden zu gelangen, auch ins Gebiet der Germanen. Die Spurbreite der Wege, die man tlw. heute noch erkennen kann, war normiert. Die Karren sollen oben am Hauenstein mit einem Seil hochgezogen worden sein. Das dürfte so mühsam gewesen sein, dass eben dann viel geflucht wurde.

Es gibt viele weitere Dinge, die uns an die alten Kelten erinnern, so die vielen Hügelgräber, die heute von Archäologen gehütet und erforscht werden. Aber auch alte Traditionen bis hin in abgelegenste Täler der Schweiz finden ihren Ursprung bei den alten Kelten. Es ist wie beim Alphorn davon auszugehen, dass auch das traditionelle Jodeln in der Schweiz auf die alten Kelten zurückzuführen ist.

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Website von Dr. Andres Furger – Archäologie, Museen und Kulturgeschichte, Pferd und Wagen

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