Konrad Graber

Konrad Graber

Konrad Graber, 1958, ist seit 2007 Luzerner Ständerat (CVP). Der Dipl. Betriebsökonom HWV, Dipl. Wirtschaftsprüfer und Mediator SDM-FSM schaut auf eine interessante berufliche und politische Karriere zurück, die ihren Anfang in der KPMG (damals Fides) und der Lokalpolitik von Kriens, einem Vorort der Stadt Luzern, findet. Graber hat sich in seiner beruflichen Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Betriebsökonom für Hunderte von Unternehmen viel unternehmerisches Wissen aneignen können. Im Dezember 2013 hat Konrad Graber eine Motion eingereicht, mit dem Begehren an den Bundesrat, dass die bestehenden Hindernisse für Investitionen kollektiver Spartöpfe in langfristige, zukunftsgerichtete Anlagen beseitigt werden und an der Spitze des technologischen Fortschritts, mit Hilfe eines gemeinsamen Vehikels, ermöglicht werden sollen. Der Spiritus Rector des Projektes Zukunftsfond Schweiz, Dr. Henri B. Meier, geboren 1936, Divisionschef Weltbank, langjähriger CFO und VR der Roche-Gruppe, Verwaltungsratspräsident von Givaudan sowie vieler weiterer Firmen, gehört zu den bekanntesten und erfahrensten Schweizer Unternehmerpersönlichkeiten. Im Interview mit Christian Dueblin spricht Ständerat Konrad Graber über die Beweggründe zur Einreichung der Motion, ihre politischen und wirtschaftlichen Chancen und Risiken und zeigt auf, dass die Schweiz, um Ihren Wohlstand erhalten zu können, zukünftigen Generationen eine optimale Grundlage bieten muss.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Graber, Sie stammen aus dem luzernischen Kriens und sind schon seit Ihrer Jugendzeit politisch aktiv. Heute sind Sie nach einer interessanten politischen Karriere Ständerat. War Politik bei Ihnen schon am Familientisch ein Thema?

Konrad Graber: Meine Familie war politisch interessiert. Das kann aber im Leben, wie wir wissen, auch das Umgekehrte bewirken, nämlich, dass sich Kinder von der Politik abwenden oder ganz andere Meinungen vertreten als die Eltern. Das ist mir persönlich nicht passiert. Ich habe mich einfach schon immer für politische Fragen interessiert. Es waren bei mir lokale Themen, die mich schliesslich bewogen haben, in die Politik zu gehen. Wichtig für mich war die Erkenntnis, dass man gewisse Dinge bewegen kann. Das geht vielleicht nicht immer so schnell, wie man es gerne haben möchte, aber es funktioniert in unserem politischen System. Ich war zuerst lange Jahre in der Jungen CVP (JCVP) in Kriens, die ich mitbegründet habe. Später kam ich in den Einwohnerrat. Schliesslich landete ich im Kantonsrat und habe überall Erfahrungen sammeln können, die mein Leben sehr bereichert haben. Im Einwohnerrat beschäftigte mich vor allem das Lokale, im Kantonsrat lernte ich die Zusammenhänge im ganzen Kanton besser kennen und heute als Ständerat lerne ich die Schweiz noch besser kennen (lacht).

Dueblin: Der Ständerat ist ein sehr interessantes politisches Gefäss. Seine kleine Grösse ermöglicht es, mehr als im Nationalrat, sich über die Parteigrenzen hinaus auf sachlichem Niveau mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen. Sie gehören dem Ständerat seit 2007 an. Was ist Ihr persönlicher Eindruck und was sind Ihre Erfahrungen in dieser Kammer?

Konrad Graber: Der Ständerat kann mit einer grossen Familie verglichen werden. Die politische Auseinandersetzung findet tatsächlich sehr sachbezogen statt. Wir sind selbstverständlich nicht immer der gleichen Meinung. Die Art und Weise, wie auch schwierige Themen behandelt werden, ist aber ausgezeichnet. Ein Unterschied beispielsweise zum Nationalrat ist sicher auch, dass Ständerätinnen und Ständeräte in Bezug auf eine Wiederwahl weniger unter Druck stehen als Parlamentarier im Nationalrat, wo man sich bekanntermassen mehr profilieren muss, um zu Stimmen zu kommen. Auch ist die Abhängigkeit zur eigenen Partei im Ständerat weit weniger ausgeprägt als im Nationalrat. Würde ich beispielsweise im Ständerat mit dem Satz beginnen: „Die CVP vertritt die Meinung….“, würde ich auf offene Ablehnung stossen. Solche Vorbringen sind im Ständerat nicht erwünscht. Würde ich aber die Anliegen der Zentralschweiz oder des Kantons Luzern in den Vordergrund stellen, würde man sagen, ich sei ein guter Ständerat, der seine Heimat gut vertritt.

Dueblin: Wie ist die familiäre Stimmung nach dem Abstimmungsresultat, sprich der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative in der Schweiz?

Konrad Graber: Ich selber habe nicht gedacht, dass es soweit kommen wird, war mir aber im Klaren, dass das Resultat möglich ist. Das Resultat stellt die Schweiz vor schwierige Probleme, für die wir eine Lösung finden werden. Unangenehm finde ich, dass wir uns mit dem Resultat in eine schlechte Verhandlungssituation stellen. Wir sind hier 8 Millionen Menschen in der Schweiz und legen uns mit 500 Millionen Menschen in Europa in 28 Staaten an. Die EU sagt nun, dass wir als Bittsteller wieder kommen sollen, wenn wir wüssten, wie wir das Problem, das nun vorliegt, lösen wollen.

Das Problem an dieser Abstimmung ist, wie damals bei der EWR-Abstimmung, dass sie kein Preisetikett trägt. Die Verantwortung, für das, was noch alles passiert und passieren kann, ist pulverisiert. Mir scheint, dass einige bisher erfolgte Reaktionen der EU heftiger ausfielen, als man sich das vielleicht vorgestellt hat. Im Extremfall könnten die bilateralen Verträge aufgekündigt werden, was die Schweiz vor riesige wirtschaftliche Probleme stellen würde. Aus der Sicht des unternehmerischen Risikomanagements war das sicher kein guter Entscheid, den kein nachhaltig denkender Unternehmer für sein Unternehmen getroffen hätte, weil sich enorme Risiken realisieren könnten.

Dueblin: Die Schweiz muss sich auch in Zukunft nicht nur politischen, sondern auch wirtschaftlichen Herausforderungen stellen. Sie haben Ende 2013 eine Motion für einen Zukunftsfond eingereicht. Hinter diesem Fond steht als Spiritus Rector Dr. Dr. Henri B. Meier, eine international bekannte Unternehmerpersönlichkeit, die dafür plädiert, die Weichen für zukünftige Generationen in der Schweiz richtig zu stellen. Es sollen bestehenden Hindernisse für Investitionen kollektiver Spartöpfe in langfristige, zukunftsgerichtete Anlagen beseitigt werden und an der Spitze des technologischen Fortschritts, mit Hilfe eines gemeinsamen Vehikels, ermöglicht werden. Das Thema Nachhaltigkeit taugt nicht, um schnell Wählrestimmen zu holen. Was hat Sie bewogen, die Idee des Zukunftsfonds zu unterstützen und die Motion einzureichen?

Konrad Graber: Das ist richtig. Das Thema taugt nicht dazu, mehr Wählrestimmen zu bekommen. Ich habe die Motion denn auch aus persönlicher Überzeugung eingereicht. Der Schweiz geht es sehr gut. Die Gründe hierfür sind nicht allesamt klar, unser Land muss aber für die nächsten Generationen die Weichen stellen, so dass heute junge oder noch ungeborene SchweizerInnen den Wohlstand ebenfalls halten und sich entwickeln können. Da reicht es nicht, diesen jungen Menschen nur gute Bildung zu ermöglichen. Es muss auch darum gehen, dass Erkenntnisse, Innovationen und gute Ideen umgesetzt werden können, so dass der Werkplatz Schweiz als Ganzes profitieren kann. Damit haben wir hier in der Schweiz ein Problem, das Dr. Henri B. Meier erkannt hat.

Mich haben Dr. Meier‘s Karriere und die Gespräche mit ihm sehr beeindruckt – inhaltlich, aber auch persönlich. Er schaut auf ein sehr interessantes Leben als Wirtschaftsführer zurück und ist mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten, auch im Ausland, wo er lange gelebt und gearbeitet hat, bestens vertraut. Mir hat besonders Eindruck gemacht, dass sein Anliegen eines Zukunftsfond auf eine gewisse Weise selbstlos ist und er selber viel Geld in die Hände nimmt, um beispielsweise Studien erstellen zu lassen, Professuren zu stiften und um auf Probleme aufmerksam zu machen, die uns beschäftigen müssen Er spricht nicht einfach plakativ, über das, was nicht gut ist und anders gemacht werden sollte, sondern kommt mit Lösungsvorschlägen, von denen er weiss, dass nicht er persönlich davon profitieren kann., Die Idee der zukunftsgerichteten Anlagen ist für einen langen Horizont ausgelegt und dient vor allem der kommenden Generation.

Mir ist die Lage des Werkplatzes Schweiz selber gut bekannt. Als Verwaltungsrat bin ich täglich mit der Wirtschaftsfragen konfrontiert. Ich habe mich nach Gesprächen mit Dr. Meier vertieft Gedanken gemacht und mich noch mehr informiert und bin zum Schluss gekommen, dass die Idee des Zukunftsfonds möglich und durchsetzbar ist.

Dueblin: Es geht beim Zukunftsfond um Venture Capital. Die meisten Menschen haben wohl keine grosse Ahnung, was hinter dem Begriff steckt. Das dürfte auch für viele Politiker zutreffen. Zudem ist der Begriff, wenn man ihn denn braucht, eher negativ belegt, da er mit Wagnis zu tun hat. Das ist etwas, was vielen Menschen in unserer Gesellschaft eher suspekt erscheint. Wagnis und Sicherheit gehen nicht einher. Wie wollen Sie diese Zusammenhänge den Menschen und auch den Räten erklären? Was für Reaktionen haben Sie im Zusammengang mit dem Thema Zukunftsfond bereits erhalten?

Konrad Graber: Wir leben auf sehr hohem Niveau, und es hat sich die Meinung eingeschlichen, dass es uns durchaus etwas schlechter gehen könnte und es uns dann aber immer noch gut gehen würde. Das dürfte auch eine entscheidende Haltung für das Abstimmungsresultat der Masseneinwanderungsinitiative gewesen sein. Dabei geht aber vergessen, dass viele Länder, und Dr. Meier macht hier vehement darauf aufmerksam, am Aufholen sind. Das betrifft nicht nur die Bildung. Unsere Schweizer Universitäten sind sehr gut, aber es gibt eine ganze Anzahl von Universitäten im Ausland, die genauso gut sind, oder gar besser. Unser Level zu halten, bedarf Initiative und wir können nicht einfach auf dem ausruhen, was in der Vergangenheit geschaffen und erreicht wurde. Der Werkplatz Schweiz muss gestärkt werden und wir müssen es schaffen, gute Ideen hier im Land selber wirksam umsetzen zu können.

Es geht im Übrigen nicht darum, mit Geldern von Pensionskassen leichtfertig zu spekulieren. Auch soll am Prinzip der Pensionskassen nicht gerüttelt werden. Die Idee wäre lediglich, dass sich die Pensionskassen, auch die kleineren Kassen, am Zukunftsfond beteiligen können. Nur wenige Pensionskassen können sich professionelle Venture Capital-Spezialisten leisten. Der Fond soll somit helfen, gewisse Abläufe zu professionalisieren.

Dueblin: Wie lassen sich das latente und teilweise wohl auch übertriebene schweizerische Sicherheitsdenken und Wagniskapital auf eine Reihe bringen, sprich wie muss man die Botschaft des Zukunftsfond der Gesellschaft vermitteln, so dass sie versteht, dass ohne ein gewisses Risiko einzugehen, auch mögliche Wege für nächste Generationen verbaut werden?

Konrad Graber: Es gibt eine Herausforderung, ein Problem oder eine Botschaft, die existiert. Damit diese aber politisch umsetzbar sind, müssen sie in die richtige politische Sprache übersetzt werden. Das ist meine Aufgabe. Ich habe im Ständerat persönliche Gespräche mit anderen Ständeratskolleginnen und -kollegen geführt, quer durch die Politlandschaft. Es hat mich sehr gefreut, dass die Idee des Zukunftsfonds von links bis rechts auf sehr offene Ohren stiess. Der Ständerat versteht es, sehr sachlich an gewisse schwierige Themen heranzugehen und die Politiker stellen die Parteipolitik, damit verbunden auch Dogmen und Ideologien, in der Regel in den Hintergrund. Sicher haben die vielen offenen Ohren für mein Anliegen auch damit zu tun, dass ich selber mit Offenheit anderen Ideen gegenüber aufgetreten bin. Die Überzeugungsarbeit im Ständerat alleine reicht aber noch nicht aus. Auch der Bundesrat muss dem Anliegen gegenüber positiv eingestellt sein. Ich selber habe dem Bundesrat kommuniziert, dass mir das Anliegen sehr am Herzen liegt.

Dueblin: Es gibt lediglich eine Person, die im Bundesrat mit den unternehmerischen Herausforderungen bestens vertraut ist. Das ist Bundesrat Johann Schneider-Ammann, der selber ein grosses Unternehmen der Maschinenindustrie geleitet hat und lange Jahre Swissmem vorstand. Wird der Bundesrat auf die Motion eingehen und sehen Sie Gefahren für das Projekt, wenn er das nicht tut?

Konrad Graber: Es besteht nun tatsächlich die Gefahr, dass man aus der Verwaltung zu schnell zu hören bekommt, dass hier die Pensionskassen zu Lasten der Sicherheit missbraucht werden sollen. Die Pensionskassen dürfen heute gemäss Gesetz bereits 15% des Vorsorgekapitals in alternative Anlagen investieren. Hier besteht beim Zukunftsfond-Vorstoss ein gewisses Risiko, dass man mir mitteilen wird, die Pensionskassen könnten ja bereits in zukunftsgerichtete Anlagen investieren, weshalb eine Gesetzesänderung gar nicht nötig sei.

Dueblin: Das ist nicht falsch, aber damit würde wohl an der jetzigen Situation nicht viel verändert werden können…

Konrad Graber: Das ist das Problem. Es bedarf Aufmerksamkeit für wirtschaftliche Zusammenhänge, wie sie auch Dr. Meier in seinem Statement Zukunftsfond erklärt, sowohl mikro- als auch makroökonomisch. Wird ein solcher Vorstoss vom Tisch gewischt, so könnte das auch als negatives Signal für Investoren interpretiert werden…

Dueblin: …die ihr Geld dann beispielsweise in Israel oder in den USA investieren würden, wo Venture Capital und das Engagement von Pensionskassen weitherum akzeptiert ist…

Konrad Graber: Genau, hier sehe ich einen ganz wichtigen Punkt und darum habe ich sehr viel Zeit und Energie verwendet, die Zusammenhänge zu erklären. Im Ständerat ist mir das sehr gut gelungen. Geht der Bundesrat auf das Anliegen ein, so signalisiert er auch gegenüber Unternehmen und Investoren, aber auch gegenüber Pensionskassenverantwortlichen, dass er bereit ist, den Zukunftsfond zu stützen. Bei der Umsetzung würde es zu vielen Fragen kommen und da ist es gut zu wissen, dass der Bundesrat mit Lösungen beistehen wird. Um den Zukunftsfond durchsetzen und umsetzen zu können, bedarf es auch eines Klimas, das förderlich ist. Der Bundesrat hat hier einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.

Wir leben zudem in einer Gesellschaft, sowohl politisch auch als wirtschaftlich, die mit einzelnen Jahren, also relativ kurzfristig, denkt. Wir fragen uns 1 Jahr nach einem politischen Vorstoss oder nach einem Jahr wirtschaftlicher Tätigkeit, ob sich ein Gesetz lohnt oder der finanzielle Aufwand rechnet. In Bezug auf Venture Capital, das in anderen Ländern übrigens schon seit vielen Jahren in sehr grossen Mengen fliesst, können wir nicht in solchen Zeithorizonten rechnen. In Bezug auf den Zukunftsfond müssen wir mit 10, 15 oder gar 20 Jahren rechnen. Das ist der Zeithorizont, mit dem man das Projekt Zukunftsfond angehen muss. (Anm.d.R.: Der Bundesrat hat am 26.2.2014 die Annahme der Motion beantragt.)

Dueblin: Im Interview mit Xecutives.net hat sich Dr. Meier schon weit vor Ihrer Motion deutlich über mögliche Entwicklungen in der Schweiz geäussert, die zu denken geben müssen. Andere Länder sind auch fit. Dort, wo sich ein gewisser Wohlstand noch nicht eigestellt hat, sind die Menschen bereit, viel zu investieren, um diesen ebenfalls zu erreichen. Sind wir in einer Wohlstandsfalle gelandet, die uns und späteren Generationen zum Verhängnis werden könnte?

Konrad Graber: Ich denke mir auch, dass wir heute die ausländische Konkurrenz nicht unterschätzen sollten. Der technische Fortschritt macht nirgends halt und andere Länder sind ebenfalls fit und investieren in Bildung und Innovation. Wir sollten uns auch nicht einfach auf unseren Lorbeeren ausruhen. Denken Sie auch an die eben erfolgte oder immer noch fortwährende Überwachungsgeschichte der NSA. Die Wirtschaft muss sich hier ebenfalls Gedanken machen. Es geht nicht nur um den militärischen Sicherheitsbereich, sondern auch um Informationen, die innerhalb der Wirtschaft ausgetauscht werden. Heute ist vieles transparent und zugänglich. Damit ist vieles auch kopierbar. Dr. Meier macht zu Recht darauf aufmerksam, dass man in wenigen Jahren in Asien alles kann, was wir auch können. Unser einziger Vorteil kann sein, dass wir immer einen Schritt voraus sind. Darum müssen wir den nächsten Generationen den Weg ebnen, sich wirtschaftlich entwickeln zu können.

Dueblin: Sie selber hatten als Wirtschaftsprüfer in Hunderten von Unternehmen Einblick und sind selber in bedeutenden Verwaltungsräten, so bei Emmi, der CSS und der BDO. Wie stehen Unternehmer zur Idee des Zukunftsfonds?

Konrad Graber: Es gibt natürlich bedeutende Unterschiede zwischen der Schweiz und beispielsweise den USA. In den USA wird Menschen, die wirtschaftlich sehr erfolgreich sind, der rote Teppich ausgerollt. Die Wertschätzung Menschen gegenüber, die Besonderes vollbracht haben, ist ganz anders geartet als hier in der Schweiz, wo man immer auch etwas skeptisch ist. Geht in den USA ein Unternehmer Konkurs, hat der gescheiterte Unternehmer am nächsten Tag wieder den Weg frei, etwas Neues zu versuchen. Das ist in der Schweiz ganz anders. Geht jemand Konkurs, oder scheitert er mit einem Vorhaben, so muss er fast schon einige Zeit abtauchen, oder er kommt gar nicht mehr zum Zug. Das zeigt, dass beide Länder mit Erfolg und Scheitern ganz anders umgehen. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Wir aber in der Schweiz haben auf alle Fälle die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Unternehmer in der Schweiz sich entwickeln können und dass man ihnen keine Steine in den Weg legt. Wir müssen dafür sorgen, dass wir für Unternehmen ein gutes Umfeld schaffen, in dem sie gut arbeiten können und unnötige Barrieren verhindern.

Aus dem KMU-Bereich höre ich immer wieder mit einem kritischen Unterton, dass der Staat nicht wisse, woher das Geld stamme, mit dem er umgehe. Ich selber sage dann, dass man sich doch engagieren solle, um gewisse Missstände zu verbessern, die auch bei uns herrschen. Gerade hier sehe ich in der Schweiz ein grosses Problem. Die Unternehmer sind immer weniger bereit, sich politisch zu engagieren. Sie müssen sich auf das eigene Geschäft fokussieren und möchten ihr Geschäft auf keinen Fall gefährden. Das hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren immer weniger Unternehmer in der Politik aktiv mitgemacht haben. Sie sind im Parlament nur noch Einzelmasken. Die Unternehmer könnten aber in der Politik sehr viel bewirken. Sie könnten dazu beitragen, im Parlament und in der Verwaltung den unternehmerischen Geist zu wecken.

Etwas überspitzt gesagt, kommen Unternehmer mit einer Idee und fragen auch gleich nach dem politischen Zeitplan und den genauen Schritten, die es nun einzuhalten gelte. Sie übersehen aber, dass es politische Prozesse und Hürden gibt, über die sie sich nicht einfach hinwegsetzten können. Wirtschaftliche Anliegen müssen in eine politische Sprache übersetzt werden und es bedarf viel Feingefühl und Geschick, Ideen umzusetzen, Allianzen zu schmieden und Menschen zu überzeugen.

Dueblin: Wie würde der Zukunftsfond, den Sie sich wünschen, funktionieren?

Konrad Graber: Die Idee des Zukunftsfonds ist auch eine Art Antwort auf die Ängste der Pensionskassen. Es sollen nicht Gelder einfach verspekuliert werden. Wie bereits gesagt, haben wohl nur wenige Pensionskassen die Spezialisten, die etwas von Venture Capital verstehen. Der Fonds arbeitet mit professioneller Infrastruktur. Die Gelder würden sehr fachmännisch gemanagt werden. Es müssen Intermediäre gefunden werden, die fähig sind, Erfindungen und Innovationen richtig einzuschätzen. Das werden Molekularbiologen, Chemiker und andere absolute Fachspezialisten sein, die die technischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge kennen. Der Fonds würde sicherstellen, dass diese Fachexperten vorhanden sind und würde damit die Pensionskassen entlasten. Der Sicherheitsgedanke bei den Pensionskassen ist wichtig und darf das auch sein. Wenn aber einmal etwas nicht gut läuft, sind die betroffenen Pensionskassen nicht mit dem Vorwurf konfrontiert, sie seien nicht professionell vorgegangen. Ich denke, dass es wichtig ist, das Bewusstsein für eine Gesamtbilanz zu schaffen. Nicht jede Idee, die finanziell unterstützt wird, wird sich rechnen, andere werden die ursprünglichen Erwartungen überschiessen.

Seien wir aber ehrlich, wenn eine Pensionskasse eine Aktie kauft, so weiss sie auch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, was mit dieser Aktie in der Zukunft alles passieren wird. Viele namhafte Unternehmen, die es einmal gegeben hat und als sehr sicher galten, gibt es heute nicht mehr. Pensionskassen haben heute aber die Tendenz beispielsweise in Länderanleihen zu investieren. Hier sieht man das Geld als gut aufgehoben, das nur den Sinn hat, dass ein Land seine Schulden bezahlen kann. Damit ist dem Werkplatz Schweiz und den nächsten Generationen überhaupt nicht gedient.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Graber, was sind Ihre Wünsche in Bezug auf die Motion und ihre Auswirkung auf die Politik, aber auch generell für die Schweiz für die Zukunft?

Konrad Graber: Mit Blick auf die Motion hoffe ich, dass die eben besprochenen Gedanken nicht einfach leichtfertig zerredet werden. Ich hoffe, dass die Idee des Zukunftsfonds auch von anderen aufgenommen wird und der Bundesrat positiv Signale sendet. Danach wäre zu hoffen, dass sich auch die Privatwirtschaft beteiligt, d.h. beispielsweise neben Pensionskassen auch Versicherungsgesellschaften mitmachen. Der Schweiz wünsche ich die richtige Portion Offenheit und die Erkenntnis, dass wir uns nicht auf unserem Wohlstand ausruhen sollten. Wie ich schon gesagt habe, ist der Wohlstand der Schweiz nicht so einfach zu erklären. Viele Erklärungsmuster scheinen mir zu einfach. Wir sollten alles tun, dass unsere nächsten Generationen auf einem gesunden Parkett gute Leistungen erbringen können. Der Zukunftsfond ist eine solche Möglichkeit, die wir anpacken müssen.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Graber, ich wünsche Ihnen für das Projekt Zukunftsfond alles Gute und Ihnen beruflich, politisch und persönlich weiterhin alles Gute!

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