Aus einem Bericht in der „Illustrierte Zeitung“, vom 6.Juli 1905:
Heute ist eine Nasenkorrektur eine weltweit sehr populäre Operation, der sich viele Menschen unterziehen. Denn die Nase ist ein bedeutendes Hauptmerkmal im Gesicht und kann sich mit seiner Form auf die Attraktivität einer Person auswirken.
Gemäss dem Redakteur des Beitrages in der Illustrierte Zeitung aus dem Jahr 1905 ist das gerade bei Schauspielern und Juristen von Bedeutung. Hier spielt das Äussere eine besondere Rolle.
Aus heutiger Sicht verstehen wir das Beispiel des Schauspielers, mit dem Juristen mag manch ein Lesender vielleicht eher Mühe haben.
Schon vor rund 120 Jahren zeichnete sich somit eine neue Einstellung zum Körper und zur Chirurgie ab, wie das der Artikel schön zeigt. Darin wurde erstmals Werbung für eine Nasenoperation gemacht.
Der Berliner Chirurg Jacques Joseph hatte sich zuvor in Europa einen Namen gemacht, mit seinen neuartigen Methoden in der Chirurgie. Um Narben zu vermeiden, operierte der Arzt Nasen auch von der Innenseite her. Dieser neue Weg der Chirurgie war eine Sensation und Dr. Jacques Joseph legte damit den Grundstein zu heutigen Nasenoperationen.
Es wundert uns nicht, im Zeitungsbericht zu lesen, dass später immer mehr Menschen zu ihm kamen, um ihre Nase zu verschönern. Die Menschen waren damals fasziniert vom Gedanken, dass man ein so dominantes Merkmal, wie die Nase im Gesicht, verändern kann. Die Vorher- und Nachher-Bilder zeigten, dass keine sichtbaren Narben nach der Operation entstanden.
Die Menschen damals konnten kaum ahnen, wie weit Dr. Jacques Joseph mit seinen Methoden die Chirurgie weiterbrachte. Er erwarb sich den Ruf als Pionier der modernen Rhinoplastik. Er selbst konnte nicht erahnen, wohin der Schönheitswahn bis heute führen würde. In vielen Ländern gehören Operationen am Körper zu den ersten Investitionen und Geschenken, die Eltern ihren Kindern machen, damit sie im Leben weiterkommen.
Wir sprechen notabene nicht nur von Operationen an der Nase. Heute wird alles operiert, was operiert werden kann – sicher auch ein Zeichen dafür, dass die Menschen dem gesellschaftlichem Druck bei Abweichungen von der «Norm» nicht mehr standzuhalten vermögen.
Was diese «Norm» ist, wird zunehmend von sozialen Netzwerken bestimmt, die dafür sorgen, dass junge Menschen zunehmend gleichgeschaltet werden. Das war in anderen Jahrhunderten nicht anders, nur musste man sich vor der Zeit der Chirurgie-Pioniere mit seinem Aussehen abfinden – wogegen man heute jederzeit alles operieren kann, um den perfekten Körper zu erlangen.
Was einst für «Cyranos» (und Juristen) gedacht war, steht heute den meisten offen.
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