Oskar Groeflin

Oskar Groeflin

Oskar Groeflin, Jahrgang 1942, ist als Präsident des Schweizerischen Druidenordens (SDO) der ranghöchste „Druide“ in unserem Land. Seit vielen Jahren leitet er die Geschicke des Druidenordens in der Schweiz und pflegt regelmässige Kontakte mit seinen Amtskollegen in zahlreichen anderen Ländern. Oskar Groeflin gibt im Gespräch mit Christian Dueblin Einblick in eine typische Loge und zeigt auf, wer die Druiden sind und welche Ziele dieses soziale Netzwerk verfolgt.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Groeflin, den Begriff „Druide“ assoziiert man sofort mit den Kelten. Goscinny und Uderzo-Fans kommt der Name „Miraculix“ in den Sinn. Was verbindet die Druiden von heute mit den Kelten von damals?

Oskar Groeflin: (Lacht) Ja, tatsächlich werden wir immer wieder auf Goscinny und Uderzo und den Druiden Miraculix angesprochen! Damit müssen wir wohl leben! Aber das ist ja auch nicht unsympathisch, denn diese Geschichten erfreuen sich zu Recht einer grossen Beliebtheit. Mit dem Rezept für einen Zaubertrank kann ich aber leider nicht dienen. Zwischen dem Schweizerischen Druidenorden und der Pflege von keltischem Brauchtum, damit meine ich die damit verbundenen religiösen Vorstellungen oder Riten, besteht kein Zusammenhang. Der Logenname wurde vor sehr langer Zeit gewählt und soll lediglich daran erinnern, dass die Druiden in ihren keltischen Gemeinschaften Führungs- und Vorbildfunktionen inne hatten. Die Geschichte der Logen reicht sehr weit zurück, viel weiter als jene der Service Clubs oder ähnlicher Vereinigungen. Viele Logen weisen sehr bizarre Namen auf. Denken Sie nur mal an die Odd Fellow-Logengemeinschaft, also an die „komischen Kerle“! (Lacht)

Der heutige Druide nimmt die Druiden-Vorbildsfunktion als Massstab und strebt, unter Beachtung hoher ethischer und moralischer Grundsätze, nach Erkenntnis. Wir stehen ein für Achtung und Respekt vor anderen und streben einen toleranten Umgang mit den Mitmenschen an. Diese Gesinnung und Haltung soll den Druiden auszeichnen, und sie soll über die Logenverbindung hinaus spürbar sein. Auch bei der Ausübung von Führungsfunktionen ausserhalb des Ordens soll sich der Druide an diese humanistischen Grundsätze erinnern. Wohlverstanden handelt es sich dabei um Leitsätze. Auch wir Druiden sind nur Menschen und nicht vor Fehlern gefeit. Zusammen mit den
Freimaurern und den eben von Ihnen erwähnten Odd Fellows gehören die Druiden zu den wichtigsten Logenvereinigungen. Für viele Menschen sind Logen jedoch nicht klar fassbar. Was muss man sich als Laie unter einer „Loge“ vorstellen?

Die Logen des Schweizerischen Druidenordens zeichnen sich durch ein gemeinsames Wertesystem aus und bilden im Rahmen der International Grand Lodge of Druidism (IGLD) ein weltumspannendes soziales Netzwerk, ähnlich einem Service Club. Sich mit Gleichgesinnten zu treffen und Gedanken auszutauschen, sind wichtige Ziele und Merkmal einer Loge. Im Kreise der Logenmitglieder herrscht gegenseitiges Vertrauen. Alle Logenvereinigungen wollen aber auch Zusätzliches vermitteln. So wird angestrebt, dass sich die Mitglieder des Druidenordens laufend weiter bilden und sich auch mit Themen und Vorgängen auseinander setzen, die vielleicht keinen direkten Bezug zur beruflichen Tätigkeit aufweisen. Kultur, vor allem Musik und Literatur, ist bei Logenzusammenkünften ein wichtiger Bestandteil.

Dueblin: Heisst das, dass sich neben den Feimaurern auch die Druiden als Stein sehen, der bearbeitet werden muss?

Oskar Groeflin: Die Druiden und die Freimaurer können beide auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurückblicken. Tatsächlich gibt es gewisse Parallelen zwischen den beiden Logen. Auch wir haben uns zum Ziel gesetzt, an uns zu arbeiten. Die Druiden sprechen dabei aber nicht von der Arbeit am Stein. Das ist eine symbolische Betrachtungsweise der Freimaurer. Diese Vorstellung geht bei den Freimaurern auf die Zeiten zurück, in denen sich die Steinmetze und Kirchenbauer zusammenschlossen. Wir sprechen von den Bauhüttengemeinschaften des 13. und 14. Jahrhunderts.

Alle Logenvereinigungen haben in vielen Bereichen ihrer Aktivitäten ähnliche Zielsetzungen. Sie unterscheiden sich aber durch die jeweilige Art der Vermittlung und Verwirklichung. Es bestehen vielfältige Berührungspunkte. Wir teilen ähnliche Interessen und arbeiten alle mit Ritualen. Das ist übrigens ein Punkt, der uns wesentlich von den Service Clubs unterscheidet. In Basel findet beispielsweise alle zwei Jahre ein gemeinsames Ordenstreffen zwischen Mitgliedern der Odd Fellows, Freimaurer, B’Nai B’rith und Druiden statt. Diese Veranstaltungen dienen nicht nur der Kontaktpflege zwischen den Logen, ihren Mitgliedern und Angehörigen, sondern sind auch für die interessierte Öffentlichkeit gedacht.

Dueblin: Vielen Service Clubs liegt daran, sich von Logen abzugrenzen. Das gilt umgekehrt auch für gewisse Logen. Tatsache ist jedoch, dass die Logen in der Geschichte Wegbereiter für die Service Clubs waren und Auswirkungen auf den Demokratisierungsprozess in Europa sowie in den USA hatten.

Oskar Groeflin: Das ist richtig. Die Gründung von Logenvereinigungen liegt deutlich weiter zurück als diejenige von Service Clubs. Sie fanden in einem anderen politischen und gesellschaftlichen Umfeld statt als jene der Service Clubs, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurden. Die Gründung der ersten Druidenloge beispielsweise erfolgte schon 1781 in London als Vereinigung gleichgesinnter Menschen. Wichtiges Anliegen war die Vermehrung von Wissen unter den Mitgliedern. Die Gründung einer Loge war damals ein gefährliches Vorhaben, denn nicht jeder schätzte diese Zusammenkünfte und den Austausch von Wissen und neuen Ideen. Gesellschaftlicher Stand und Rang der Mitglieder waren dabei unerheblich und sind es auch heute noch. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass die Gründung der ersten Druidenloge nur wenige Jahre vor der Französischen Revolution erfolgte, also in einer Zeit grossen Aufbruchs und grosser sozialer Umwälzungen in Europa. Viele Logenmitglieder nahmen damals aufklärerisches Gedankengut in andere Kontinente mit, auch in die heutigen USA, die gerade am Entstehen war. Auf diese Weise gewannen die Logen auch dort Einfluss.

Der Druidenorden nahm später auch gezielt soziale Aufgaben wahr. Man unterstützte generell hilfsbedürftige Menschen aber sorgte auch dafür, dass es den eigenen Mitgliedern gut ging. Starb ein Mitglied und hinterliess es Frau und Kinder, wurde für die Familie gesorgt. Im Grossen und Ganzen war das nichts anderes als eine Art von „Sozial-Versicherung“. In Australien wurde schon damals eine eigentliche Kranken- und Sterbekasse gegründet und geführt. Das war für diese Zeit absolut revolutionär und erstaunt, wenn man bedenkt, dass es Länder gibt, die auch heute noch keine Sozialversicherung kennen. Rotary beispielsweise, um nur einen Service Club zu nennen, entstand erst 1905 in den USA, als Vereinigung von Berufs- und Geschäftsleuten. Die Ziele waren ähnlich wie bei den Logen, aber man distanzierte sich von den Ritualen. Verbindendes Element zwischen Logenvereinigungen und Service Clubs ist auch heute noch der Gedanke der Wohltätigkeit und des sozialen Engagements der Mitglieder gegenüber der Gesellschaft.

Dueblin: Logen aber auch Service Clubs haben in Ländern wie der Schweiz immer mehr Mühe, Mitglieder zu finden. Beide mussten die einstmals hohen Aufnahmevoraussetzungen in den letzten Jahrzehnten erheblich herunterschrauben. Es scheint eine Zeiterscheinung zu sein, dass man sich weniger in eine Gemeinschaft einbringen will und mehr individuelle Ziele verfolgt. Zudem stehen andere Netzwerke zur Verfügung, in denen man sich „flexibler“ und zielorientierter bewegen kann. Wie steht es bei den Druiden in der Schweiz mit der Rekrutierung von Mitgliedern?

Oskar Groeflin: Aus Sicht der Druiden besteht kein Wettbewerb oder Kampf um neue Mitglieder. Der Druidenorden ist für all jene offen, die den Idealen des Druidentums, also sehr humanistischen Idealen, nachstreben. Die Druiden und ihre ideellen Werte und Auffassungen haben bereits mehr als 2 Jahrhunderte überdauert und stehen aus unserer Sicht nicht in Konkurrenz zu anderen Vereinigungen. Es gibt – besonders auch in der heutigen Zeit – viele Menschen, die sich nicht nur über ihre Berufs- oder Geschäftstätigkeit definieren, sondern auch Fragen zum Sinn des Lebens stellen wollen. In diesem Sinn ist eine Mitgliedschaft bei uns auch eine Art von Berufung, sich mit anderen Menschen mit gleichen oder ähnlichen Weltanschauungen auszutauschen. Das tun zwar die Mitglieder der Service Clubs auch. Wir sind jedoch der Meinung, dass wir geistigen Themen mehr Beachtung schenken.

Dass sich in der Schweiz, aber auch in gewissen anderen Ländern, eine Vielzahl von Menschen für andere Fragen und andere „Netzwerkmöglichkeiten“ interessieren, nimmt der Schweizerische Druidenorden zur Kenntnis. Wir sprechen darüber und setzen uns mit diesen Tendenzen auseinander. Allerdings muss man die Frage der Entwicklung der Mitgliederzahl länderspezifisch betrachten. In den skandinavischen Ländern beispielsweise ist ein starker Anstieg der Mitgliederzahl in den Druidenlogen erkennbar.

Dueblin: Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass man Logen immer wieder mit Geheimbünden und mit konspirativen Machenschaften in Verbindung zu bringen versucht?

Oskar Groeflin: Alle akkreditierten Logenvereinigungen sind mit eigenen Homepages im Internet präsent. Sie sind in der Regel als Vereine konstituiert und im Handelsregister eingetragen. Die Logengemeinschaften umgibt dennoch eine Aura des Geheimnisvollen, woraus leicht Missverständnisse und Gerüchte entstehen. Um dies zu verstehen, muss man sich mit der Geschichte der Logen auseinandersetzen. Weiss man, dass Logenvereinigungen über die letzten Jahrhunderte von Regimes und Diktatoren verfolgt, ihre Mitglieder mit dem Bannfluch von Papst Clemens XII aus dem Jahre 1738 „in eminenti apostulatus specula“ belegt oder mit der 1751 von Benedikt XIV erlassenen Bulle „Providas romanorum“ exkommuniziert wurden, so erstaunen diese Missverständnisse und das Misstrauen den Logen gegenüber nicht mehr so sehr. Gerade die erwähnten päpstlichen Erlasse, aber auch die Verfolgung oder das Verbot durch politische Regimes, haben Logenvereinigungen immer wieder in den Untergrund und ihre Mitglieder zur Vorsicht gezwungen. Daraus nähren und halten sich dann Verschwörungstheorien. So erging es auch anderen Vereinigungen. Denken Sie nur mal an Klostergemeinschaften.

Wir sind der Meinung, dass die meisten Menschen, die sich mit Logen auseinandergesetzt haben, wissen, dass wir keine Geheimbünde sind. Das zeigen heute auch Zeitungsartikel oder Vorlesungen an Universitäten. Das Interesse an Logen und unserer Arbeit ist sehr gross. Das freut uns natürlich. Die Mitglieder des Druidenordens tragen ihr Erkennungszeichen, einen siebenstrahligen Stern, oft am Revers, wie das auch die Mitglieder von Service Clubs praktizieren. Mit Informationen über unsere Loge, diversen Veranstaltungen und der Durchführung von Anlässen, bei welchen auch Nichtmitglieder willkommen sind, wird versucht, dem Geheimbundimage entgegen zu treten. Das hat in den letzten Jahren sehr gut funktioniert.

Dueblin: Viele Logen nehmen keine Frauen auf. Das ist auch bei zahlreichen Service Clubs der Fall. Was sind die Gründe der Druiden dafür, keine Frauen aufzunehmen?

Oskar Groeflin: Dass viele Logen, unter anderem auch die Druidenlogen in der Schweiz, keine Frauen aufnehmen, hat historische Gründe. Die Logen waren ursprünglich Männergemeinschaften. Bekanntlich wurde aber in der Schweiz, nach vielen Jahren, in denen nur den Männern das Stimmrecht zukam, auch das Frauenstimmrecht eingeführt, wenn auch erst weit in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts und nach längeren Diskussionen. Ich schliesse nicht aus, dass die schweizerischen Druiden auch einmal Frauen aufnehmen könnten. Als Diskriminierung sollte die Männern vorbehaltene Mitgliedschaft aber nicht aufgefasst werden. So gibt es in anderen Ländern denn auch Druidenlogen, die nur Frauen aufnehmen.

Dueblin: Wie wird man Druide?

Oskar Groeflin: Um Druide zu werden, braucht man die innere Überzeugung und den Wunsch, den Idealen des heutigen Druidentums nachzustreben. Die Internethomepage des Schweizerischen Druidenordens (www.sdo.ch) gibt Hinweise für Interessierte. Für spezifische Auskünfte bzw. ein persönliches Gespräch stehen auch erfahrene Mitglieder einzelner Logen gerne zur Verfügung. Wenn die persönlichen Wertvorstellungen mit den ideellen Grundsätzen des Druidentums übereinstimmen, kann die Mitgliedschaft in einer Druidenloge zu einer grossen Bereicherung führen. Die eigentliche Aufnahme in den Druidenorden erfolgt in einem festlichen Rahmen. Die Aufnahmekriterien und das Aufnahmeverfahren unterscheiden sich, mal abgesehen von den Ritualen, aber nicht wesentlich von denjenigen anderer Vereinigungen.

Dueblin: Viele Menschen versprechen sich durch den Beitritt in eine Loge oder auch in einen Service Club materielle Vorteile. Wie gehen Sie mit dieser Erwartungshaltung um?

Oskar Groeflin: Eine im kommerziellen Sinne übliche Kosten-/Nutzen-Analyse bezüglich eines Beitritts in eine Logenvereinigung führt ins Leere. Das ist meine langjährige Erfahrung. Ein junges Mitglied findet im Schweizerischen Druidenorden aber Zugang zu einer weltweit präsenten Vereinigung, einem starken sozialen Netzwerk und vor allem zu geistigen Anregungen, die für die weitere persönliche Entwicklung wichtig sein können. Zudem kann tiefe Verbundenheit zwischen gleichgesinnten Menschen erlebt und gepflegt werden. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Als ausserordentlich wichtig betrachte ich den laufenden Gedanken- und Meinungsaustausch und die Beschäftigung mit Themen, die auch ausserhalb des eigenen Erfahrungsspektrums liegen können. Jeder kann seine Ideen einbringen.

Ein künftiges Logenmitglied sollte sich aber nicht nur die Frage stellen, inwiefern es von einem Beitritt profitieren könnte, sondern auch, wie sein eigener Beitrag in der Druidengemeinschaft und der Gesellschaft, in der wir leben, aussehen könnte. Menschen, die das tun, sind im Grunde genommen die potenziellen Mitglieder, die wir gerne in unsere Reihen aufnehmen. Wenn man in einem Verein nur Menschen hat, die materiell weiterkommen wollen oder die Mitgliedschaft allzu sehr für das eigene „Ego“ brauchen, kann ein Gemeinschaftsgefühl nicht aufkommen. Aber sicher ist es, wie bei anderen Logen oder auch bei Service Clubs, so, dass ein Mitglied auch Menschen kennen lernt, die Erfahrungen gesammelt und es im Beruf weit gebracht haben. Da ist es verständlich, dass man auch über Beruf und Karriere spricht und – seien wir ehrlich – manchmal öffnen sich dadurch auch in diesem Bereich Türen.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Groeflin, ich bedanke mich für dieses Gespräch und wünsche Ihnen und den Druiden alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

(C) 2008 by Christian Dueblin. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.
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