Sebastian Zwyer Xecutives.net-Interview
Sebastian Zwyer Xecutives.net-Interview

Sebastian Zwyer, Jahrgang 1980, wurde in Basel geboren. Aufgewachsen zwischen dem Batting Cage und dem Baseball-Feld Känelmatt 1 in Therwil, fand er als 5-Jähriger den Weg zu den Therwil Flyers, einem der ältesten und mittlerweile über 20 Baseball-Vereinen in der Schweiz. Die „Flyers“, wie sie von Kennern genannt werden, sind mit 11 Meistertiteln das erfolgreichste Baseball-Team in der Schweiz. Die Abteilung Softball steht dem in nichts nach.
Der Verein „Therwil Flyers“ wurde 1980 von einer Gruppe von Baseball-Aficionados gegründet und geniesst heute europaweite Anerkennung. Baseball ist, wie Baseball-Coach Mike Sundman im Interview zum Thema bereits bemerkt hat, eine „Randsportart“, in den USA, Asien und der Karibik jedoch nicht mehr wegzudenken. Das Spiel ist herausfordernd, faszinierend und verlangt vom Zuschauer viel Geduld und Aufmerksamkeit. Körperliche und sportliche Leistungen spielen bei diesem Sport zwar ebenfalls eine grosse Rolle, jedoch bedarf es auch erheblicher strategischer Fähigkeiten, um im Team erfolgreich sein zu können. Sebastian Zwyer berichtet im Interview mit Xecutives.net über den Randsport Baseball und beantwortet Fragen zu den Therwil Flyers und der Schweizer Baseball-Gemeinde.

Xecutives.net: Lieber Herr Zwyer, Sie haben Ihr sportliches Leben hier in der Schweiz dem Randsport Baseball gewidmet und Sie prägen die Therwil Flyers seit vielen Jahren mit. Seit Sie 5-jährig sind, leben und lieben Sie die Therwil Flyers im Kanton Baselland. Sie hatten schon sehr viele Ämter im Verein auf und neben dem Platz inne, so auch das Amt des Vereinspräsidenten. Heute sind Sie im Schweizer Verband im Zentralvorstand tätig in der Funktion als Marketing-, Sponsoring- und Kommunikations-Ressortleiter. Wie kamen Sie selber zum Baseball-Sport?

Sebastian Zwyer: Ich wuchs in Therwil zwischen dem Batting Cage (Schlagtunnel) und dem Baseball Feld auf. Als 5-Jähriger nahmen mich meine zwei Nachbarn Reto und Steven Koller ins Training mit. Meine Eltern meinten dann, ich sei noch zu jung dafür. Als ich aber trotzdem bei jedem Training beim Feld zuschaute, lenkten sie ein und ich durfte dann auch mitspielen. Seitdem bin ich dabei!

Xecutives.net: Wie kam es zur Gründung des Vereins in Therwil, ein Ort im hinteren Leimental, unweit von Basel weg, nahe der elsässischen Grenze gelegen? Und was waren damals die Ziele der Gründerinnen und Gründer?

Sebastian Zwyer: Lothar und Nelly Seinige aus Therwil reisten mit ihren drei Kindern nach USA und brachten Baseball nach Therwil. Die drei Buben Tom, Michi und Niggi spielten mit ihren Freunden im Garten und auf den umliegenden Plätzen Baseball. So entstanden die Therwil Flyers – cool wenn man heute schaut, was daraus geworden ist und ein grosses Dankeschön an die Familie Seinige!

Internationales Junioren-U15 Turnier 2019 (Foto: Sebastian Zwyer)
Internationales Junioren-U15 Turnier 2019 (Foto: Sebastian Zwyer)

Xecutives.net: Baseball ist ein enorm spannender Sport. Nebst viel Ballgeschick müssen die Baseballspielerinnen und –spieler sehr strategisch denken. Mike Sundman sagt im Interview wohl sehr zu Recht, dass sich der Sport bspw. vom Fussball dahingehend unterscheide, dass beim Baseball auch Menschen erfolgreich sein können, die nicht nur auf körperliche Leistung getrimmt würden. Damit soll nicht gesagt werden, dass Fussball nicht auch strategisches Geschick fordert und Baseball keine körperlichen Leistungen voraussetzen würde. Was bedarf es Ihres Erachtens, dass ein Spieler sich auf dem Baseballfeld voll entfalten kann?

Sebastian Zwyer: Man sagt, jede Person finde ihren Platz auf einem Baseball Feld,ob klein, gross, dünn, dick, schnell oder langsam – jeder bekommt seine Position und kann seine Stärken einbringen. Ein gesunder Mix aus vielen verschiedenen Fähigkeiten ist wohl am besten. Eine gute Hand-Augen-Koordination ist Voraussetzung, um mit Ball, Handschuh und Baseball-Bat bestens umzugehen. Im Baseball braucht es Kraft, Explosivität, Schnelligkeit, Ausdauer, Taktik, Geschicklichkeit und Geduld zugleich. In einem Spiel, welches über 3 Stunden dauern kann, möchte man im letzten Inning noch die Kraft haben, den entscheidenden „Homerun“ zu schlagen, oder wach im Kopf sein, um in der Defensive nach dem Ball zu hechten und dabei noch zu wissen, wo genau der Ball unter perfektem Timing hingeworfen werden muss.

Xecutives.net: Die Therwil Flyers sind in der Schweiz bereits 11 Mal Schweizer Meister geworden. Damit gehört das NLA-Team zu den besten der Schweiz. Die Softball-Abteilung steht dem in nichts nach. Auch das Softball-Team gehört mit 12 Meistertiteln zu den besten in unserem Land. Wie funktionieren diese Baseball- und Softball-Meisterschaften in der Schweiz? Wer organisiert sie und wer sind die grossen Gegner der Therwil Flyers?

Sebastian Zwyer Nationalteam Portrait EM2013 Zürich
Sebastian Zwyer Nationalteam Portrait EM2013 Zürich

Sebastian Zwyer: Seit 1980 gibt es Baseball in der Schweiz. Damals fand am 11. November ein erstes Baseballspiel statt zwischen den damaligen Lucerne White Sox und den Zürich Challengers. Im Jahr darauf gründeten vier Vereine, darunter die Flyers, die heutige SBSF, die Swiss Baseball Softball Federation. Diese organisiert alle offiziellen Meisterschaften von NLA bis U12, die Swiss Baseball Softball Kids Days sowie die Slowpitch Softball Ligen mit 2 Divisionen. In den beiden NLA Ligen Baseball und Softball gibt es jeweils eine Vorrunde mit anschliessenden Playoff-Halbfinals und Finals, welche die Schweizermeister ermitteln. Die jeweils besten zwei Teams dürfen dann an die Europacup Turniere im darauffolgenden Jahr.

Das über die Jahre konstant starke Flyers Baseball NLA Team durfte bereits an wohl über 20 Europacup Turnieren teilnehmen. Seit 1985 erreichten die Flyers im Baseball von 34 Meisterschaften sagenhafte 25 Finals! Grossartige Final Serien spielte man u.a. gegen Geneva Hound Dogs, Zürich Challengers, Bern Cardinals resp. Zürich Barracudas – jüngst vermochten die Zürich Challengers die Flyers im fünften und entscheidenden Finalspiel im letzten Inning per Homerun zu besiegen – spannender geht es nicht.

Xecutives.net: Welche Bedeutung hat die Swiss Baseball and Softball Federation (SBSF) und wie ist dieser Dachverband des Schweizer Baseballs aufgebaut?

Sebastian Zwyer: Die SBSF mit ihrem siebenköpfigen Zentralvorstand wird von den Vereinen gewählt. Sie vertritt die Interessen der Vereine mit bestem Wissen und Gewissen, ist bestrebt, den Sport Baseball und Softball in der Schweiz mit den Vereinen zusammen weiter zu bringen und zu vergrössern. Viele Kommissionen arbeiten unter dem ZV für die 20+ Vereine, die Meisterschaften und Nationalteams. Die SBSF ist Mitglied von Swiss Olympic, Jugend & Sport, WBSC Europe und dem Weltverband WBSC. Die SBSF hat eine grosse Bedeutung, es sind jedoch die Vereine, welche die Basis unseres Sports in der Schweiz darstellen. Je stärker die Vereine, desto stärker die SBSF. Wir sind hier auf einem guten Weg. Das zeigen u.a. einige gute Resultate an EM‘s oder Europacups. Im Breitensport gibt es noch ein grosses ungenutztes Potential.

Xecutives.net: Woher kommen die Spieler in den vielen Schweizer Baseball-Teams? Beobachtet man ein NLA-Spiel fällt auf, dass alles auf Englisch kommuniziert wird und viele Spieler perfekt Englisch sprechen, wohl aus Ländern stammen, in denen Baseball keine Randsportart ist.

Sebastian Zwyer: Dies ist sehr interessant zu beobachten. Praktisch alle Vereine haben Mitglieder aus verschiedenen Teilen der Welt. Die Schweizer Spieler werden oft gemischt mit Spielern aus Lateinamerika, wie DomRep, Venezuela, Kuba etc. Hier gibt es in der Schweiz eine grosse Community. Viele spielen mittlerweile sogar in einer eigenen Liga Latina de Softball Suiza. Im Junioren Bereich, v.a. dort wo es International Schools gibt, sind viele Amerikaner vertreten. Auf NLA Level verstärken oftmals 1-2 ehemalige US-College-Spieler die Teams während der Saison von April bis September.

Internationales Junioren U15 Turnier 2018 (Foto: Sebastian Zwyer)
Internationales Junioren U15 Turnier 2018 (Foto: Sebastian Zwyer)

Xecutives.net: Schon 1982 wurden die ersten Meisterschaften in der Schweiz ausgetragen. Das ist nun bald 40 Jahre her. Ich erinnere mich, damals in Basel und Umgebung Sportler mit dem Bat und dem typischen blauen Pullover und der blauen Baseball-Mütze gesehen zu haben. Man nahm die Sportler damals als Exoten wahr, auch mit einer gewissen Bewunderung, obwohl niemand ganz richtig verstand, was eigentlich abging. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sich zurückerinnern an die Achtziger- und Neunzigerjahre?

Sebastian Zwyer: Der Sport hat sich seither in der Schweiz und Region Basel enorm entwickelt. Mittlerweile spielen wir Baseball auf top-Level und könnten mit gewissen US-Colleges mithalten. Aktuell stehen, trotz vielen US-Spielern, Schweizer Spieler statistisch zuoberst in der Baseball NLA. Mit unseren Erfolgen im Softball sowie auf Baseball-Ebene, verbunden mit guter Medienpräsenz, haben wir mittlerweile auch einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Region Basel erreicht. Das ist natürlich schön.

Xecutives.net: In den USA ganz speziell ist Baseball ein Massensport. Hier in der Schweiz kennt man Baseball mittlerweile, jedoch sind viele Eltern dem Sport gegenüber zögerlich eingestellt. Nach wie vor bringt man die Kinder lieber zum Fussball. Was kann ein Club wie die Therwil Flyers Kindern bieten, die sich sportlich betätigen wollen und vielleicht Alternativen zu gängigeren Sportarten suchen?

Sebastian Zwyer: Ein toller Vorteil einer Randsportart ist, dass man viel schneller grosse Erfolge haben kann. Wir spielen auch auf Junioren-Ebene regelmässig um Schweizermeister Titel. Viele unsere Spieler dürfen in den Nationalteams in Europa spielen.

Baseball ist des Weiteren als Sport eine sehr gute Lebensschule. Baseball und Softball sind beides Einzelsportarten und Teamsportarten. Es heisst: „Baseball is a game of failure“. Das ist nicht negativ gemeint, sondern soll zeigen, dass man bspw. mit 3-4 erfolgreichen Hits aus 10 Versuchen als guter Spieler gilt. Dies lernt einem früh, mit Fehlern umzugehen und motiviert, konstant an sich zu arbeiten. Eine schöne Aussage ist auch: „Baseball is more than just a game“. Ist man einmal mit dem Baseball-Virus infiziert, weiss man, was gemeint ist!

Xecutives.net: Sie und viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen waren selber in den USA und haben auf der ganzen Welt viele Baseball-Spieler kennengelernt. Ich könnte mir vorstellen, dass Baseball in den USA und in Asien ein grosses Beziehungsnetz eröffnen kann, für jeden Menschen, der dort beruflich oder anderswie tätig ist, ähnlich einem sozialen Netzwerk. Was haben Sie und Ihre Kollegen diesbezüglich für Erfahrungen gemacht? Gibt es Therwil Flyers-Spielerinnen und Spieler, die in anderen Ländern Baseball gespielt haben und denen der Sport auch berufliche Chancen geboten und berufliche Wege eröffnet hat?

Sebastian Zwyer: Das ist wirklich ganz toll, was man im Baseball und Softball für weltweite Netzwerke aufbauen kann. Da fast jedes Jahr neue US-SpielerInnen zu uns nach Therwil kommen, lernt man viele Leute kennen. Zu vielen baut man so gute Beziehungen auf, dass man sie später in ihren Ländern, auch in den Ferien, zuhause besucht. Schöne Geschichten gibt es ganz viele. Ein schönes Beispiel ist unser jetziger Baseball NLA Headcoach John Baum. Er kam als ehemaliger US-College Spieler nach Europa, spielte und coachte lange in Bern und lernte seine Frau im Softball-Team der Berner kennen. Mittlerweile haben sie eine Familie mit zwei Kindern und leben in der Region Bern.

Den Weg andersherum machten auch schon Flyers-SpielerInnen. Zwei Baseballer durften ein paar Monate nach Südafrika, verstärkten dort einen Club und spielten in der Region um Kapstadt. Ähnliches durfte eine Therwiler Softballerin in Neuseeland erleben. Sie konnte dank ex-Flyers US-Spielerin Jennifer Feret-Brear ein paar Monate in Neuseeland in ihrem Team mitspielen. Solche Geschichten können sich dann tatsächlich auch beruflich auswirken.

Sebastian Zwyer an einem Baseball-Turnier 2018
Sebastian Zwyer an einem Baseball-Turnier 2018

Xecutives.net: Mittlerweile sind die Therwil Flyers in der Leimentaler Gemeinde Therwil nicht mehr wegzudenken. Überall sieht man Menschen mit der blauen Therwil Flyers-Kappe, die auch ich gerne trage. Wie hat sich die Gemeinde in Bezug auf Baseball auf den Verein ausgewirkt? Die Therwil Flyers profitieren von schönen Sportplätzen und Sporthallen, wo regelmässig auch Tourniere stattfinden.

Sebastian Zwyer: Therwil ist eine Sport-Gemeinde. Wir können uns glücklich schätzen, in einer Gemeinde beheimatet zu sein, die sich stark für den Sport, und somit auch für die Menschen, insbesondere die Jugendlichen, einsetzt. Zum Beispiel stellt die Gemeinde die Sportanlagen alle gratis zur Verfügung, ohne die Vereins-Budgets auszusaugen. Das ist enorm wichtig. Da wir in Therwil so viele erfolgreiche Vereine mit vielen Mitgliedern haben, stossen wir alle auch an Grenzen. Sie werden Opfer des eigenen Erfolgs. Auf unserem „Baseball Feld“, welches eigentlich überhaupt gar kein originales Baseball-Feld ist, spielen und trainieren neben der Sekundarschule auch der FC Therwil und der LC Therwil. Fünf Trainingstage müssen aufgeteilt werden auf 3 grosse Vereine mit vielen verschiedenen Mannschaften, die alle das Bedürfnis haben, viel zu trainieren, um besser zu werden! Es ist zu hoffen, dass in naher Zukunft alle zusammen im Leimental optimalere Sport-Infrastrukturen finden.

Xecutives.net: Lieber Herr Zwyer, was sind die nächsten grossen Meilensteine, die sich der Verein gesetzt hat und was wünschen Sie sich für die Therwil Flyers für die Zukunft?

Sebastian Zwyer: Ich wünsche mir richtige, originale Baseball- und Softball-Infrastrukturen mit Spielfeldern, auf denen wir auch europäische Wettbewerbe wie Europacups und/oder EMs austragen dürfen. Ich wünsche mir spannende Meisterschaften mit Flyers Meistertiteln auf allen Ebenen und viele Zuschauer und Zuschauerinnen an unseren Spielen mit toller Stimmung. Ein nächster grosser Meilenstein wäre wie gesagt sicherlich, im Bereich Infrastruktur weiter vorwärts zu kommen, sportlich an Europacups weitere Erfolge zu feiern und noch mehr eigene Nachwuchsspieler in unseren 1. und 2. Herrenmannschaften zu sehen, dazu, im Softball ein Juniorinnen-Nachwuchs-Team aufzubauen. Eine konstante starke Nachwuchs-Förderung ist der Grundstein für die Zukunft.

Xecutives.net: Xecutives.net wünscht Ihnen und den Therwil-Flyers weiterhin viel Erfolg und viel Freude am Baseball und Softball!

Xecutives.net ist stolzer Sponsor des Baseballclub Therwil Flyers
Xecutives.net ist stolzer Sponsor des Baseballclub Therwil Flyers

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