Stephan Musfeld

Stephan Musfeld

Stephan Musfeld, Jahrgang 1953, führt in dritter Generation ein erfolgreiches Familienunternehmen, das unter dem Dach der Musfeld Holding AG von ihm geleitet wird, und hat in seiner Schaffenszeit grosse Projekte mit einer Strahlkraft weit über die Grenzen der Schweiz hinaus ermöglicht. Als langjähriger Präsident der St. Jakob Stadion Genossenschaft war er der massgebliche Treiber für den Bau des neuen St. Jakob Parks und des St. Jakob Stadions in Basel von Herzog & de Meuron Architekten, in dem im Jahr 2008 auch EM-Fussballspiele ausgetragen worden sind. Mit dem Bau des Pantheons Basel in Muttenz (BL) hat sich Stephan Musfeld nicht nur als Unternehmer, sondern auch als passionierter Liebhaber von alten Autos einen sehr persönlichen Lebenstraum erfüllt. Auf rund 7‘000m2 Fläche sind in einer Rundhalle öffentlich Oldtimer ausgestellt. Das Pantheon ist nicht nur ein Museum erster Güte für jeden Autoliebhaber, sondern auch ein Ort der Begegnung und des Austausches, an dem diverse Dienstleistungen für Liebhaber und Besitzer alter Autos angeboten werden. Im Interview mit Christian Dueblin spricht Stephan Musfeld über seine Leidenschaft für Oldtimer und über unternehmerische Herausforderungen sowie den Antrieb eines Menschen, der Visionen in die Realität umzusetzen vermag.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Musfeld, Sie führen in dritter Generation ein bekanntes mittelständisches Unternehmen und sind in den vergangenen Jahren als nachhaltig denkende Persönlichkeit mit vielen Visionen in der Öffentlichkeit aufgetreten. Wir wissen, dass nicht alles, was in den letzten Jahren politisch und wirtschaftlich passiert ist, nachhaltig war und ist. Was geht Ihnen persönlich durch den Kopf, wenn Sie an die letzten Monate und Jahre zurückdenken?

Stephan Musfeld: Was passiert ist, spiegelt unsere Welt, in der wir leben, auf eine ganz besondere Weise, die zu denken geben muss. Viele Vorgänge in der Wirtschaft passieren ohne Beachtung ethischer Grundsätze. Ich bin selber so erzogen worden, dass ich für das, was ich mache, jeden Tag auch in den Spiegel sehen können und mir sagen können muss, dass ich für das, was ich gemacht habe, auch wirklich einstehen kann. Unsere Firma basiert nicht auf kurzfristiger Gewinnmaximierung. Wir sind es seit eh und je gewohnt, nachhaltig zu denken und versuchen, unsere Mitarbeitenden dementsprechend zu behandeln. Was in den letzten Monaten und Jahren passiert ist, ging leider in eine vollkommen andere Richtung. Ich würde mir wünschen, dass gewisse Lehren daraus gezogen worden sind, glaube das allerdings nicht wirklich.

Dueblin: Als Präsident der St. Jakob Stadion Genossenschaft arbeiten Sie an der Schnittstelle zum internationalen Fussballgeschäft. Gleichzeitig sind Sie umgeben von vielen Firmen und Menschen, die sich davon angezogen fühlen. Dabei geht es auch immer wieder um das schnelle Geld und um Prestige. Wie gehen Sie als Unternehmer mit dieser Welt um?

Stephan Musfeld: Das ist richtig, und deshalb war es mir auch immer ein grosses Anliegen, dass die Welt des Fussballstadions, für das ich zuständig war, von der Welt des Fussballs in einem gewissen Masse getrennt ist. Wir haben auf Seiten der Stadiongesellschaft eine andere Aufgabe als die Fussballclubs, in denen Fussballer für Millionenbeträge und oft auch nur für kurze Zeit den Club wechseln. Das Stadion soll für die nächsten 20, gar 50 Jahre funktionieren und nachhaltig betrieben werden. Die beiden Geschäftsmodelle Fussball und Stadion sind sehr verschieden und jedes Modell hat seine eigene Logik. Ich selber bin ein „Gewerbler“ und habe meine Ärmel hochgekrempelt (lacht). Die Kreise des schnellen Geldes tangieren mich zwar, aber sie haben mich nicht für sich eingenommen. Ich kämpfe auf einer anderen Ebene für Sachen und für Projekte, die ich als richtig, nachhaltig und gut empfinde.

Dueblin: Sie gehören zu den Menschen, die es geschafft haben, sehr grosse Visionen, an die möglicherweise am Anfang niemand geglaubt hat, auf den Boden zu bringen. Dafür braucht es viel Geduld, Menschen, die einen unterstützen, und unternehmerischen „Kampfgeist“. Wenn Sie zurückdenken, was hat Sie im besonderen Masse gefordert und wo sind die Hürden auszumachen, die auch für Sie schwierig zu nehmen waren und sind?

Stephan Musfeld: Ich habe einen inneren Antrieb, der es mir ermöglicht, gewisse Projekte an die Hand zu nehmen und mich dafür einzusetzen. Es kann passieren, dass Menschen damit ein Problem haben, denn ich kann bei der Umsetzung meiner Pläne auch direkt und fordernd werden – beispielsweise dann, wenn es um den Umgang mit schwierigen Behörden oder um unnötige Formalitäten geht. Weil ich überzeugt bin – auch beim St. Jakob Park war die Auseinandersetzung mit diversesten Interessengruppen natürlich gross –, habe ich die Energie, die es braucht, um Projekte voranzutreiben. Für den Naturschützer, der eine Ideologie hat und diese öffentlich vertritt und sich wie ich für eine Sache einsetzt, habe ich Verständnis und es ist immer gelungen, mit solchen Menschen einen Kompromiss zu erarbeiten. Diese Leitplanken im Leben sind wichtig und man muss sie akzeptieren – solange alles auf einer sachlichen Ebene abläuft. Manchmal kämpft man aber gegen Windmühlen, beispielsweise dann, wenn rein formalistisch gehandelt wird. Wo es nicht mehr um die Sache, sondern um andere Interessen geht, ist es schwierig, nur mit Diplomatie und unternehmerischem Know-how ans Ziel zu gelangen.

Dueblin: Bevor wir zum Pantheon kommen und über Ihre Leidenschaft Oldtimer sprechen, möchte ich Sie fragen, wie es zum Engagement rund um den Fussball gekommen ist, auch eine Welt, die Sie seit vielen Jahrzehnten in diversen Funktionen beschäftigt.

Stephan Musfeld: Zum Fussball kam ich zu einem Zeitpunkt, als mein Vater bereits sieben Jahre Präsident des Fussballclubs Basel war. Meine ersten Gehversuche im Fussballgeschäft machte ich als Materialverwalter beim FC Basel, einem Job, dem ich während meines Studiums am Technikum in Muttenz nachging. Damals war ich beispielsweise dafür verantwortlich, dass die Fussballer ihre Ausrüstung, so beispielsweise Schuhe, hatten. Ausrüster war damals Adidas. Später übernahm ich in der Stadiongenossenschaft (Genossenschaft Fussballstadion St. Jakob) das Amt des Bauverantwortlichen. Sie wurde 1953 gegründet, als der Kanton das Fussballstadion nicht bauen durfte, weil die Bevölkerung damals das Bauvorhaben nicht haben wollte. Eine meiner ersten Aufgaben in dieser Funktion bestand darin, den Komfort des Stadions zu verbessern. Es ging auch um die Fluchtwegproblematik. Das zugezogene Architekturbüro berechnete damals einen Betrag von 15 Mio. Franken für diverse Massnahmen, die wir für wichtig hielten, und bald war klar, dass uns niemand eine solche Summe zur Verfügung stellen würde (lacht).

Irgendwann fand ich, dass wir eine gewaltige Fläche zur Verfügung haben und falls wir einen Investoren finden würden, der ein Gebäude mit Büros, Shoppingcenter, Restaurants etc. erstellen will, wir ihm das Land gratis zur Verfügung stellen und er uns im Gegenzug dazu gratis ein Stadion bauen könnte. Ich machte erste Skizzen, berechnete Volumen und errechnete Renditen, die sehr bald zeigten, dass dieses Modell funktionieren muss. Das war vor 20 Jahren. Die ersten Planungen haben wir über die Stadiongenossenschaft finanziert. Später wurde uns bald klar, dass das Ganze Dimensionen annahm, die die Möglichkeiten der Genossenschaft überfordert hätten. Wir suchten und fanden einen Partner, der bereit war, diese Investitionen zu tätigen. Nach diversen Rückschlägen wurde dieses Modell schliesslich mit anderen Partnern umgesetzt, ein Modell, das dann übrigens auch in Bern, in Genf und in St. Gallen mit mehr oder weniger Erfolg angewendet wurde.

Das Automuseum "Pantheon" von Stephan Musfeld © Stephan Musfeld

Das Automuseum „Pantheon“ von Stephan Musfeld © Stephan Musfeld

Dueblin: Mit demselben Antrieb, den Sie für das St. Jakob Stadion an den Tag legten, haben Sie sich einen ganz persönlichen Traum erfüllen können. Sie haben im Jahr 2008 das Pantheon gegründet, ein Tempel für alte Autos und Ort der Begegnung für Menschen mit einer Leidenschaft für Oldtimer. Wie kam es zu dieser Idee?

Stephan Musfeld: Ich war zur Zeit, als ich noch das Technikum in Muttenz besuchte, schon in dieser ehemaligen Bauhalle der Züblin AG in Muttenz und hätte mir damals wohl nie vorstellen können, dass meine Familie Jahre später einmal selber ihr Eigentümer sein und ein Oldtimermuseum aufbauen würde (lacht). In dieser Halle lernte ich als Student, wie man Bauvorbereitungen macht. Ganz abgesehen vom Museum habe ich darum zu diesem Ort auch eine spezielle und ganz persönliche Beziehung.

Meine Leidenschaft für alte Autos geht weit zurück. Kaum konnte ich selber Autofahren, fuhr ich an Treffen alter Autoliebhaber und wollte selbst eines besitzen. Mit 19 Jahren musste ich meine Eltern überzeugen, dass es richtig ist, dass ich als Minderjähriger einen Oldtimer kaufe. Ich besass dieses Auto bis vor 12 Jahren. Es hat mich lange Zeit begleitet. Viele Autos von heute sind sich sehr ähnlich. Die Technik und die Form sind bis auf wenige Details gleich. Bei alten Autos ist das ganz anders. In jedem Auto stecken ein Charakter und eine Persönlichkeit, die auf geniale Erfinder, Tüftler und Unternehmer zurückzuführen sind. Zwischen jenen Autos und den heutigen stehen Jahre der Entwicklung und Tausende von Stunden Arbeit von genialen Autobauern auf der ganzen Welt, die mit viel Engagement ihre Träume wahrgemacht haben. Die alten Autos waren im Gegensatz zu heutigen Fahrzeugen reduziert auf das absolut Nötige und oft waren sie offen, was mich an Oldtimern immer besonders reizt. Es ist fantastisch, wie man in einem solch alten offenen Auto die ganze Welt und auch die Natur völlig anders wahrnimmt. Dieses Gefühl, durch die Landschaft zu fahren, können wie bei vielen Leidenschaften wohl nur Menschen nachvollziehen, die diese Leidenschaft selber leben oder ähnlichen Hobbies nachgehen. Ich stelle mir vor, dass man ähnliche Gefühle auch beim Fliegen in Segelflugzeugen hat.

Dueblin: Sie gehören zusammen mit Namen wie etwa den Brüdern Schlumpf, Peter Sauber, Peter Monteverdi und Fritz Speich zu den Menschen, die ihr ganzes Leben mit Autos und Oldtimern zu tun hatten und aufgrund ihrer Leidenschaft für Autos weit über die Grenzen der Schweiz bekannt wurden und immer noch sind. Wie aber kam es zum Entscheid, mit dieser Leidenschaft an die Öffentlichkeit zu gehen, ein Museum zu gründen und dabei Millionen zu investieren?

Stephan Musfeld: Ich hatte an unserem Geschäftssitz in Basel immer eine Werkstatt für alte Autos. Am Samstag war ich jeweils in dieser Werkstatt anzutreffen. Um diese Leidenschaft wirklich geniessen zu können, bedarf es anderer Menschen. Nur zusammen mit Gleichgesinnten ist das Oldtimer-Hobby wirklich perfekt. Es kamen immer mehr Freunde und Bekannte an den Samstagen in die Werkstatt. Man tauschte sich aus, sprach über die technischen Herausforderungen und unterstützte sich gegenseitig. Wir stellten Tische auf, da immer mehr Autofans sich bei mir trafen, und die Tage in der Werkstatt wurden immer geselliger. Irgendwann wurde der Platz knapp und ich hatte die Idee, etwas Grösseres zu schaffen, wo jeder seinen eigenen Platz für Reparaturen haben konnte. Ich plante am Firmensitz, wie ein solcher Treffpunkt aussehen könnte und stiess irgendwann auf diese alte, leer stehende und zum Verkauf ausgeschriebene Halle in Muttenz.

Dueblin: Sie schaffen es immer wieder, auch andere Menschen von Ihren Projekten zu überzeugen. Was haben andere Menschen für eine Bedeutung bei der Umsetzung von Visionen?

Stephan Musfeld: Ohne Menschen, die mitmachen und ebenfalls Enthusiasmus an den Tag legen, kann man grosse Pläne und Visionen nicht umsetzen, was aber nicht bedeutet, dass man selber nicht enorm hartnäckig sein muss. Es fragt sich aber immer wieder – sehr schön zeigt sich das beim Fussballstadion St. Jakob -, ob man mit einer Idee zu früh ist oder eben zu spät. Den richtigen Zeitpunkt für ein Projekt zu finden, resp. eine Vision zu realisieren, ist genauso wichtig, wie Menschen zu finden, die einen unterstützen. Ich erinnere mich, dass mein Grossvater in den Fünfzigerjahren ein grosses Parkhaus in Basel bauen wollte. Es handelte sich um das alte Rosshof-Areal, das er damals aufkaufte. Das Vorhaben wurde aber von der Bevölkerung abgelehnt. Auch wollte er eine Untergrundbahn durch Basel bauen. Darüber gibt es Broschüren, die man lesen kann. Das wäre damals alles finanzierbar gewesen. Er war aber mit seinen Ideen zu früh und stiess nur bei wenigen Menschen auf Interesse und Begeisterung. Das Gen aber, solche Projekte anzustossen, habe ich wohl von meinem Grossvater und meinem Vater geerbt. Die Idee des Stadions kam zum richtigen Zeitpunkt. Dem FC Basel ging es plötzlich besser, die Menschen wollten mehr guten Fussball haben und schliesslich stieg Frau Gigi Oeri als Präsidentin und Gönnerin ein. Die Idee zog eine ganze Reihe weiterer Menschen an, die alle auf ihre Art mitmachten und das ermöglichten, was heute steht und funktioniert.

Wahrscheinlich wäre das Pantheon noch vor 15 Jahren kein Erfolg geworden. Damals sprachen Menschen, die alte Autos hatten, nicht in der Öffentlichkeit über ihre Leidenschaft. Sehr schnell konnte es passieren, dass man mit alten Autos Neid schürte oder missverstanden wurde. Oldtimer wurden sehr schnell mit Geld in Verbindung gebracht und das Hobby wurde in der Öffentlichkeit eher negativ angesehen. In den letzten Jahren hat es gesellschaftliche Entwicklungen in eine andere Richtung gegeben. Ich kann Ihnen ein schönes Beispiel einer solchen Entwicklung aufzeigen: Vor einigen Jahren ging ich mit einem guten Kollegen mit einem alten Auto an die Mille Miglia nach Italien, ein Mekka für alte Autos. Wir waren dermassen begeistert, dass wir schon ein Jahr später mehrere Autos und Autobesitzer waren, die nach Italien reisten, um dieses sehr spezielle Erlebnis zusammen zu teilen. Der Kreis der Begeisterten ist inzwischen riesig gross. Später kam es gar zu einer Clubgründung und die Oldtimerenthusiasten erschienen mit ihren Fahrzeugen immer öfter in der Öffentlichkeit. Heute haben wir hier in Muttenz eine Warteliste und können gar nicht alle Interessenten aufnehmen.

Das Restaurant im "Pantheon" © Stephan Musfeld

Das Restaurant im „Pantheon“ © Stephan Musfeld

Dueblin: Das Prinzip des Pantheons ist sehr interessant. Die meisten Autos, die darin ausgestellt sind, gehören Privatpersonen, die ihre Oldtimer hier zur Schau stellen und die sie zu jeder Tages- und Nachtzeit holen und wieder bringen können. Was verbindet alle diese Menschen, die hier ins Pantheon kommen?

Stephan Musfeld: Es ist die pure Leidenschaft für alte Autos. Für mich war nach all den Jahrzehnten, während denen ich mich mit alten Autos und ihren Besitzern auseinandersetzte, klar, dass es eine Nachfrage für einen Ort wie das Pantheon gab. Die Nachfrage hat ihren Grund wohl in der Tatsache, dass es viele Sammler gibt, die etwas leidenschaftlich tun – und das gerne zusammen tun. Es gibt viele Personen, die beispielsweise Uhren oder Marken sammeln. In der Regel fehlt diesen Leuten aber der soziale Austausch. Sie gehen wohl an Auktionen und treffen sich hin und wieder an Ausstellungen. Es gibt aber oft den Ort nicht, an dem man sich täglich mit Gleichgesinnten in Bezug auf seine Leidenschaft austauschen kann. Deshalb war es mir wichtig, einen solchen Ort zu schaffen und zu ermöglichen. Der Umgang mit alten Autos macht erst dann wirklich Freude, wenn man sich mit anderen Gleichgesinnten auseinandersetzen kann. Dieser Virus scheint viele Menschen befallen zu haben, was die Anfragen für das Pantheon bestätigen. Ganz besonders freut es mich aber auch, dass auch die Bevölkerung diesem Projekt sehr wohlgesonnen ist, was die Besucherzahlen bestätigen.

Das Pantheon ist mit einem Golfplatz vergleichbar, auf dem sich viele Menschen treffen, die diese Sportart mögen. Die Golfer und Autobesitzer werden oft auch von ihren Frauen und Familien begleitet. Auch ich bin mit meiner Frau sehr oft im Auto unterwegs, was die Leidenschaft umso schöner macht. Wir fahren auch zusammen mit Freunden an den London Brighton Run, der heute kein Rennen mehr, sondern eine reine Genussfahrt ist. Das jüngste Auto, das dort startet, hat Jahrgang 1904. Im Ganzen starten über 500 Autos und es geht nicht um Geschwindigkeit. Die Hilfsbereitschaft der Menschen und die Leidenschaft, mit der sie an diesem Anlass teilnehmen, kann man in Worten kaum beschreiben. Bei einer kürzlich erfolgten Panne auf der Strecke wurde ich von Holländern, Franzosen, Schweden und Engländern unterstützt, auf eine Art und Weise, wie es im täglichen Leben undenkbar wäre und die einen sehr optimistisch werden lässt. Das Ziel dieser Unterstützung war es, dem anderen einfach zu ermöglichen, Brighton, also das Ziel, zu erreichen. Das steht für mich als Metapher für eine schöne und funktionierende Gesellschaft.

Dueblin: Wer sind die Menschen, die sich mit Ihnen und rund um Sie mit diesen alten Autos auseinandersetzen? Gibt es Charaktermerkmale, die alle diese Menschen aufweisen?

Stephan Musfeld: Natürlich ist das Oldtimerfahren für viele eine Sache, die wie das Golfspielen oder ähnlichen Tätigkeiten ein gewisses Prestige versprüht und „man“ will einfach dabei sein und gesehen werden. Da fehlt aber oft die Leidenschaft für das alte Auto und bald geben solche Menschen wieder auf. Die Auseinandersetzung mit alten Autos fordert einem jeden Fan sehr viel ab. Mir ist dabei wichtig festzuhalten, dass das Hobby Oldtimer nur begrenzt mit Geld zu tun hat. Es gibt solche, die mit einem Fiat 500 zu uns kommen, den sie seit vielen Jahren pflegen und fahren. Die Kosten für den Ankauf dieses Autos sind absolut im Rahmen und nicht höher als bei anderen Hobbies und Freizeitbeschäftigungen. Viele alte Autos sind auf dem Markt für wenig Geld erhältlich. Schlussendlich kommt es einfach darauf an, was der Besitzer mit dem Auto macht. An Oldtimeranlässen ist derjenige kein Aussenseiter, der ein weniger teures und spezielles Auto hat als andere. Solche Gefühle des Neides kommen erst gar nicht auf, weil man sich einfach zusammen an den alten Autos erfreut.

Es ist auch interessant zu beobachten, auch an mir selber, wie verschieden die Interessen innerhalb der Oldtimer-Liebhaber sind. Einige interessieren sich für Familienautos aus den Sechzigerjahren, andere sind von der Geschwindigkeit fasziniert und wiederum andere haben ein Faible für Fahrzeuge, die nur in kleiner Stückzahl produziert worden und sehr alt sind. Meine Favoriten sind Autos aus den Dreissigerjahren, offene spartanische Rennwagen.

Dueblin: Es verhält sich in der Schweiz in Bezug auf die Produktion von Autos ähnlich wie beim Klavierbau. Es gibt in der Schweiz all die grossen Marken von früher nicht mehr. Wie erklärt es sich, dass die Schweiz, die mit Fahrzeugen wie Martini, Weber, Fischer und Turicum auf dem Automarkt stark unterwegs war, kaum mehr auf dem Automarkt vertreten ist und heute nur noch in der Automobilzulieferindustrie gespiegelt wird?

Stephan Musfeld: Bis in die Zwanzigerjahre lief der Autobau in der Schweiz sehr gut und es gab Dutzende von bekannten Autoherstellern, die sehr innovativ waren. Als die ersten Autos auf der Welt auf dem Fliessband hergestellt wurden, verpasste die Schweiz schlicht den Anschluss an diese neue Epoche. Die Autos wurden zu teuer und liessen sich nicht mehr auf dem Markt verkaufen, was zu zahlreichen Konkursen in der Automobilindustrie führte. Der Ford T, der von 1907 – 1927 rund 15 Millionen Mal produziert worden ist, wurde aufgrund des Einsatzes von Fliessbändern unerhört günstiger. Der Preis sank aufgrund der Serienfertigung von rund tausend Dollar auf zweihundert. Schweizer Hersteller schafften es mit den traditionellen und auf Qualität ausgerichteten Prozessen lediglich auf einige tausend Stück, die dann halt zu teuer waren. Citroen in Frankreich, Austin in England und BMW mit ihrem Dixie in Deutschland schafften diesen Sprung in eine neue Welt der Produktion, und die meisten Schweizer Autohersteller mussten früher oder später aufgeben.

1904 ist zwischen 22 Kantonen ein Polizeikonkordat beschlossen worden, mit dem man die Autonummernzahlen festlegte. Basel hatte die Nummer 4100 bis 4600. Man ging damals davon aus, dass diese Nummern während den nächsten 20 Jahren genügen würden. Die Vision, tausende von Autos auf den Strassen anzutreffen, gab es gar nicht. Man dachte, dass die Zahl der Autos ganz langsam anwachsen würde. Der Glaube an die moderne Mobilität existierte nicht und diese Denkweise hat die Unternehmer in der Schweiz natürlich auch nicht angespornt, in grossen Serien zu produzieren. Es gab damals sicher auch schon Investoren, die für grosse Projekte zu haben gewesen wären. Also am Geld allein kann es nicht gelegen haben.

Dueblin: Herr Musfeld, was wünschen Sie sich für sich persönlich und das Pantheon für die Zukunft?

Stephan Musfeld: Ganz persönlich möchte ich mehr Zeit für meine Familie haben. Ich habe sie nie vernachlässigt, aber es gab immer sehr zeitintensive Phasen bei Projekten, während denen meine Familie zeitweise zu kurz kam. Solche Projekte werde ich wohl eher nicht mehr in Angriff nehmen.

Ich gebe meine Ämter rund um die Stadiongenossenschaft St. Jakob bis im Frühling 2012 ab. Es braucht neue Kräfte mit neuen Ideen. Ich habe sehr viel Schönes erlebt. Seit 20 Jahren bin ich nun mit der Genossenschaft St. Jakob Park verbunden und finde, dass ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen ist. Alle diese Projekte rund um das Stadion, das Shopping Center und vieles mehr hat es mir auch ermöglicht, in ganz anderen Dimensionen zu denken als als mittelständischer Unternehmer.

Gerne möchte ich mich in Zukunft vermehrt Sonderausstellungen hier im Pantheon widmen und habe auch noch ein paar weitere Ideen, die ich verwirklichen möchte (lacht), über die ich aber noch keine Auskunft geben kann. Mein Engagement für den Bruno Weber-Park in Zürich ist ein Beispiel für weitere Engagements, die mich reizen.

Dueblin: Sehr geehrter Herr Musfeld, ich bedanke mich herzlich für dieses Gespräch und wünsche Ihnen und dem Pantheon weiterhin viel Erfolg!

(C) 2011 by Christian Dueblin. Alle Rechte vorbehalten. Anderweitige Publikationen sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors gestattet.

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Links
Das Oldtimer Forum „Pantheon“ in Basel

Homepage der Musfeld Holding