Björn Jensen Derendinger, Coach der Therwil Flyers U15 Baseball Mannschaft, im Interview mit Xecutives.net
Björn Jensen Derendinger, Baseball-Coach und Opern-Regisseur

Björn Jensen Derendinger wurde 1966 in Basel geboren und bildete sich nach seiner Schullaufbahn zum Opern Regisseur weiter. Er arbeitete in der Folge europaweit an Opernhäusern. Björn Jensen Derendinger absolvierte von 2004 bis 2006 einen MAS Kulturmanager-Lehrgang in Basel und arbeitet heute als selbständiger Kulturmanager und Agent im Bereich darstellender Künste. Schon als Kind war Björn Jensen Derendinger jedoch auch vom Baseball-Sport begeistert und ein Yankee Fan. Damals gab es in der Schweiz jedoch noch keine offiziellen Baseball-Clubs. Nachdem sein Sohn Emil 2010 zu den Therwil Flyers stiess, übernahm Björn Jensen Derendinger diverse Coaching-Aufgaben für den Sportclub, so bspw. für das Slowpitch-Team. Bereits 2013 wurden die Therwil Flyers Slowpitch-Meister. Björn Jensen Derendinger absolvierte in der Folge auch J+S Leiter Kurse in Baseball und erwarb 2019 die Baseball-Schiedsrichter-Lizenz. Von 2016 bis 2019 war Björn Jensen Derendinger im Präsidium der Therwil Flyers, dem erfolgreichsten Schweizer Baseball-Club und vielfachen Schweizermeister.
Im Interview mit Xecutives.net beantwortet Björn Jensen Derendinger Fragen zum Baseball-Sport. Er zieht Parallelen auch zur Oper, in der Sängerinnen und Sänger, auf sich alleine gestellt, Arien singen. Ähnlich geht es dem Pitcher, wenn er vor grossem Publikum und unter Beobachtung seiner Team-Kollegen den Baseball aus 18 Meter Entfernung dem gegnerischen «Batter» zuwerfen muss, eine grosse Herausforderung, weil sein Zielfenster sehr klein ist. Björn Jensen Derendinger geht im Interview auf seine Rolle als Coach von jungen Baseball-Sportlern ein und zeigt auch in Bezug auf das Coaching von Baseball-Sportlern und Sportlerinnen auf, dass es Parallelen zum Schauspiel und zur Musik gibt.

Xecutives.net: Lieber Herr Derendinger, Sie gehören seit vielen Jahren schon zum Therwil Flyers-Team und trainieren heute die Cadets U15 als Baseball-Coach. Soeben haben Sie mit Ihrer Mannschaft erneut den Schweizermeistertitel geholt – ganz herzliche Gratulation zu diesem Erfolg!
Bevor wir nun aber über Baseball sprechen, würde mich Wunder nehmen, wie ein ausgebildeter Opern-Regisseur mit einem MAS-Kulturmanager-Diplom in der Tasche zum Baseball-Sport kommt.

Björn Jensen Derendinger: Mein Sandkastenfreund ging mit seiner Familie in den 70er-Jahren nach New York und brachte nach 3 Jahren Handschuhe, Bats und viel Begeisterung für den Sport mit.

Bjoern Jensen Derendinger Baseball Coach der Therwil Flyers U15 Mannschaft und Opern-Regisseur, im Xecutives-Interview
Baseball Coach und Opern-Regisseur (Foto mit freundlicher Genehmigung von Björn Jensen Derendinger)

Xecutives.net: Ihr Sohn Emil stiess 2010 zu den Therwil Flyers. Sie selber haben aber zuvor schon mit Baseball zu tun gehabt, schon als Kind. Was sind Ihre ersten Erinnerungen an diesen Sport, an die Zeit, als es in der Schweiz noch gar keine Clubs gab?

Björn Jensen Derendinger: Wir spielten im Park mit Freunden. Immer zu wenige Spieler, um wirklich zwei Teams stellen zu können. Eigentlich ging es nur ums Werfen und Schlagen. Als Vereinssport habe ich dann Handball gespielt.

Xecutives.net: Was haben Sie für Erfahrungen mit Ihrem Sohn Emil gemacht, als sich dieser für diesen Sport zu begeistern wusste? Waren Sie erleichtert, als er sich für Baseball entschieden hatte und nicht bspw. für Fussball oder Hockey?

Björn Jensen Derendinger: Ich habe mich gefreut, auf diese Weise mit dem Sport nochmals in Berührung zu kommen, aber ich hätte ihn natürlich auch in anderen Sportarten unterstützt.

Xecutives.net: In den letzten Jahren haben Sie gegen Tausend Trainings durchgeführt und über 100 Baseball-Schulworkshops gegeben, um Kinder und Jugendliche für den Sport zu begeistern. 2021 sind Sie anlässlich der SBSF Awads-Verleihung zum „Coach of the Year 2020“ gewählt worden, eine grosse Ehre innerhalb der Baseball-Gemeinschaft.

Björn Jensen Derendinger: Ja, es ist schön als Dad Coach solch eine Auszeichnung zu erhalten. Mit meiner Park- und Wiesenspielkarriere gegen Coaches anzutreten, die eine erfolgreiche Baseballkarriere hinter sich haben, gibt erstmal ein etwas flaues Gefühl. Mit dem dritten Schweizer Meistertitel in Folge und solchen Awards legt sich das und man merkt, dass man vielleicht doch einiges richtig macht.

Björn Jensen Derendinger mit der U15 Baseball Mannschaft der Therwil Flyers, im Xecutives Interview
Therwil Flyers U15 – 3-fache Baseball-Schweizermeister (Foto mit freundlicher Genehmigung von Björn Derendinger)

Xecutives.net: Sie arbeiten heute als Kulturmanager und Agent im Bereich darstellende Künste. Was können Sie vom Baseball-Sport in Ihrem Beruf profitieren? Wo hilft Ihnen der Sport bei Ihrer Arbeit?

Björn Jensen Derendinger: Primär als Ausgleich zur Schreibtischarbeit. Weg vom Computer, vom Mobiltelefon, raus an die frische Luft.

Xeucitves.net: 2016 haben Sie im Rahmen von J+S die Ausbildung zum «Leiter Baseball Kids» gemacht und in diesem Jahr nahmen Sie auch im Präsidium des Flyers-Clubs in Therwil Platz, bis 2019. Was beinhaltet diese Ausbildung und was macht man im Präsidium eines Baseball-Clubs in der Schweiz?

Björn Jensen Derendinger: Die Ausbildung besteht einerseits aus den Grundlagen von J+S, also Allgemeines wie Methodik und Didaktik und auch aus sportspezifischen Blöcken mit den Basics des Baseball Jugendsports. Die Grundausbildung dauert 6 Tage und dann gibt es eine Weiterbildungspflicht.
Im Präsidium ging es einerseits darum, den Alltag des Vereins zu managen, von der Trainersuche bis zur Platzreservation, und andererseits darum, eine Strategie zu entwickeln, die eine Zukunft dieser Randsportart ermöglicht.

Xecutives.net: Sebastian Zwyer, ebenfalls ein Therwil-Flyers-Spieler und Urgestein des Vereins, hat im Interview etwas Schönes gesagt in Bezug auf den Baseball-Sport. Er meinte, dass man beim Baseball-Sport stets an sich selber scheitern würde und man sich instant grad wieder motivieren müsse, dann wenn man bspw. beim Schlagen mit dem Bat den Ball nicht trifft, oder wenn man als Fänger (Catcher) einen Ball nicht fangen kann. Ich finde das sehr einleuchtend und es gibt ähnliche Aussagen für den Golf-Sport. Wie gehen Sie selber mit diesem «Scheitern» um und was spielt dieses «Scheitern» für eine Rolle, wenn man junge Spieler coacht? Wie schafft man es, die jungen Spielerinnen und Spieler für das «Scheitern» zu begeistern und sie zu motivieren, sich gleich wieder «aufzuraffen»?

Björn Jensen Derendinger: Es geht darum, eine Lust am Adaptieren zu entwickeln. Ich muss Freude haben, ständig neue Lösungsstrategien zu entwickeln. Das trifft für den Profi, wie für die Kids zu. Bei den Kindern kommt noch ein sich ständig ändernder Köper hinzu. Während eines Wachstumsschubs können sie kaum durch die Wohnung laufen, ohne sich an den Möbeln zu stossen, wie sollen sie da einen fliegenden Ball mit einem runden Bat treffen? Ich kann als Coach gewisse Basics lehren, muss aber auch viel Vertrauen in die Kinder stecken, im Wissen, dass sie ständig an sich wachsen und sich an das Umfeld anpassen. Auch braucht es eine gute Kultur, mit Fehlern umgehen zu können. Angst vor dem Scheitern ist Gift.

Xecutives.net: Wenn ich die jungen Spielerinnen und Spieler jeweils beobachte, sehe ich immer wieder, wie schwierig es für einen Pitcher ist, vor Publikum und vor seinem Team den Ball gut zu werfen. Man muss, für Menschen, die das nicht wissen, den Ball aus 18 Meter Distanz in einen Bereich werfen, der die Grösse eines Briefkastens hat. Alle Augen sind im Spiel auf diesen Pitcher gerichtet und es braucht sehr viel Mut, dort hinzustehen und zu spielen. Gibt es hier Parallelen zu einer Oper, dann, wenn die Sängerin oder der Sänger etwa zu einer Arie anstimmt und dabei ganz auf sich selber gestellt ist?

Björn Jensen Derendinger: Beide Tätigkeiten brauchen ein hohes Mass an Kontrolle sowie Spannung – und all das bei gleichzeitiger Lockerheit. Das kann man nur durch jahrelanges Üben erreichen. Die Muskeln des Pitchers müssen die Bewegung kennen, wie die Stimmbänder des Sängers die Noten. Wenn der Kopf da noch eingreifen muss, wird das nichts. Wenn ich mich nur auf meine Tätigkeit fokussieren muss, wird das auch nichts. Ich muss frei sein, mich auf den Moment zu konzentrieren. Wie spielt das Orchester heute? Wie ist das Timing des Batters? Das hat wieder mit der Freude am Adaptieren und Gestalten zu tun. Etwas philosophischer landen wir beim Spielbegriff Schillers.

Xecutives.net: Der ehemalige Coach und Baseball-Liebhaber Mike Sundman hat im Interview aufgezeigt, dass Baseball hier in der Schweiz und in den meisten europäischen Ländern eine Randsportart darstellt. Hat man sich aber einmal etwas mit dem Sport beschäftigt, ist das doch einigermassen erstaunlich, denn Baseball ist tatsächlich ein sehr faszinierender Sport, weil er sehr strategisch funktioniert und vielerlei Stärken erfordert, so ein gewisses Ballgefühl, Schnelligkeit, aber auch grosses strategisches Denken in Bezug auf den Spielverlauf. Mich wundert es überhaupt nicht, dass in den USA jedes Kind Baseball spielt und es sich dort um einen der beliebtesten Sportarten überhaupt handelt, weit vor Fussball. Warum ist Baseball hier immer noch eine Randsportart?

Björn Jensen Derendinger: Das hat kulturelle Gründe. Ein Kind, welches in den USA kein Baseball spielt, «weiss» trotzdem viel mehr über den Sport als ein Kind in der Schweiz. Baseball ist dort nicht nur eine Sportart, sondern ein Teil des kulturellen Erbes. Andere Länder können und konnten dies auch entwickeln, wie z.B. Japan oder Mittelamerika, aber das braucht viel Zeit.
Zeit ist vielleicht auch sonst ein gutes Stichwort. Ein Baseballspiel ist zeitlich nicht beschränkt. Es kann zwei oder drei Stunden dauern. In der Schweiz spielen wir zwei Spiele pro Tag. Mit meist langen Anfahrtswegen, langen Spielvorbereitungen ist so der ganze Tag belegt. Wenn Familien Kinder in verschiedenen Sportarten haben, kann das ein grosses Handicap darstellen.

Xecutives.net: Man trifft Sie auch als Schiedsrichter an, der in der Baseball Sprache «Umpire» genannt wird, oder «Ump». Sie haben 2019 die Schiedsrichter-Lizenz erworben. Wie muss man sich diese Ausbildung vorstellen und was muss man tun, um diese Ausbildung zu bestehen?

Björn Jensen Derendinger: Die Ausbildung besteht aus einem zweitägigen Regelkurs mit abschliessender Prüfung. Wird diese bestanden, gilt es noch einen praktischen Teil zu absolvieren und Weiterbildungen, wenn man in höheren Ligen «schiedsrichtern» möchte.

Xecutives.net: Sie trainieren heute die U15 und wenn man diese Spielerinnen und Spieler beobachtet, fällt auf, wie gut sie einerseits sind und wie lange es andererseits gedauert hat, um ein solches Level zu erreichen. Was bedarf es als Baseball-Spieler oder Spielerin, um ein guter Sportler oder eine gute Sportlerin in dieser Sportart zu werden?

Björn Jensen Derendinger: Baseball ist eine sehr technische und gleichzeitig vielfältige Sportart. Es braucht viel Zeit um Werfen, Fangen und Schlagen zu erlernen. Es braucht aber auch gute Athleten. Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer wird in unseren Trainings kaum angeboten. Spieler und Spielerinnen, welche all das in anderen Sportarten lernen oder sich selber antrainieren, haben sicher einen Vorteil. Würden wir all das im Verein anbieten können, wäre ein tägliches Training notwendig.

Xecutives.net: Herr Derendinger, ich bedanke mich herzlich für dieses Interview und gratuliere Ihnen nochmals zum Schweizermeister-Titel der Therwil Flyers U15. Ihnen und den Therwil Flyers weiterhin alles Gute!

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