Thomas Woebke, Jahrgang 1962, in München geboren, arbeitete zuerst als freier Mitarbeiter und Produktionsleiter für das Fernsehen bevor er als Produzent von Filmwerken wie beispielsweise „Crazy“, „Nach Fünf im Urwald“, mit Franka Potente in ihrer ersten Hauptrolle, und „Krabat“, nach einem Buch von Ottfried Preussler, avancierte. Filme, die im deutschsprachigen Raum ein Millionenpublikum erreicht haben. Thomas Woebke gründete 1992 mit Jakob Claussen die Produktionsfirma Claussen+Wöbke in München. Ihre Filmwerke sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Der Film „Jenseits der Stille“ (1996) wurde für den Oscar für den besten fremdsprachigen Film nominiert. Thomas Woebke gehört zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Er lebt und arbeitet in München und ist in diesem Jahr zusammen mit dem Schweizer Filmemacher Tim Fehlbaum Ehrengast an dem vom Basler Filmemacher Giacun Caduff ins Leben gerufene „Basler Gässli Film Festival“.
Im Interview mit Xecutives.net spricht Thomas Woebke über seinen Werdegang als Filmemacher und Produzent. Er beschreibt, wie er Filmprojekte angeht und gibt Einblicke in die Welt des Films, der er sein Leben verschrieben hat. Thomas Woebke beleuchtet im Interview seine Filmwerke und erzählt über die Zusammenarbeit mit Roland Emmerich, mit dem er bspw. den Film „Hell“ angegangen ist, ein Kinofilmdebut von Tim Fehlbaum, das ebenfalls mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden ist.
Xecutives.net: Herr Woebke, Sie haben 1989 mit dem Film „Der schönste Busen der Welt“ für Aufmerksamkeit in der Filmwelt gesorgt. Dieser Film, der später auch als Vorfilm zu „Abgeschminkt“ von Katja von Garnier viel Publikum gefunden hat und schnell von über einer Million Menschen angeschaut wurde, war ein Überraschungserfolg. Wie kam es zu diesem Werk?
Thomas Woebke: Es handelte sich um den Abschlussfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film in München von Rainer Kaufmann. Mit diesem Kurzfilm konnte Rainer den Grundstein seiner grossen Karriere als Regisseur legen, mit bspw. Filmen wie „Die Apothekerin“ oder „Stadtgespräch“ mit Katja Riemann in der Hauptrolle. Bei „Der schönste Busen der Welt“ hatten wir nicht genügend Geld, wollten aber unbedingt diesen Film machen. Diese Kreativität bei der Geldbeschaffung hatte uns zusätzlich angespornt. Sogar Rainers und mein Vater steckten uns damals Geld zu und beide konnten nicht ahnen, wie wir im Übrigen auch nicht, dass ein Kurzfilm so erfolgreich sein würde. 1993, als Katja von Garnier den Film „Abgeschminkt“ gemacht hatte, entschloss man sich, unseren Film einem weiteren Publikum zugänglich zu machen. Grund dafür war, dass ein Film eine bestimmte Mindestlänge haben muss, wenn man ihn kommerziell im Kino auswerten möchte. Der Film von Katja von Garnier war einige Minuten zu kurz und da bot es sich an, unser Werk „Der schönste Busen der Welt“ als Vorfilm voranzustellen. Die beiden Filme haben sich dann wunderbar ergänzt. Das war ein Glücksfall, denn Kurzfilme wurden und werden ja normalerweise nur auf Filmfestivals präsentiert.
Xecutives.net: Der Film ist sehr gut gemacht, mit tollen Schauspielern. Er handelt von einem Mann, der plötzlich einen grossen Busen bekommt. Gleichzeitig hat eine Frau keinen mehr. Wie erklären Sie sich den Erfolg des Kurzfilms?
Thomas Woebke: Der Film ist kurzweilig und macht Spass. Für uns war es natürlich, nebst völlig überraschend, toll, dass der Kurzfilm so gut ankam und von über einer Million Menschen gesehen wurde. Selbst heute passiert es, dass der „Schönste Busen der Welt“ von Menschen genannt wird, die den Film gar nicht gesehen haben. Sicherlich ist es dem eingängigen Titel zu verdanken, dass der Film damals in aller Munde war – und offenbar auch heute noch ist.
Es ist wichtig, dass man als Filmemacher etwas realisiert, was die Menschen nicht so schnell vergessen. Das ist heute fast noch wichtiger als früher. Die Menschen müssen sich an einen Film und an eine Geschichte erinnern können. Es ist für junge FilmemacherInnen sehr wichtig, etwas produzieren und erarbeiten zu können, das heraussticht. Schafft man das aber, ist oft der Weg offen für weitere Filmprojekte. Wir hatten auch sehr viel Glück. Ich habe erst später begriffen, wie wichtig das alles war.
Xecutives.net: Wie sind Sie selber zum Film und zum Filmgeschäft gekommen?
Thomas Woebke: Ich war als Teenager viel im Kino und habe sehr viel gelesen. Als in den späten Siebzigerjahren die Videorecorder auf den Markt kamen, konnte man dann noch viel mehr Filme schauen. Das war der Moment, wo man Filme, die im Fernsehen kamen, auch ein zweites oder drittes Mal ansehen konnte. Für uns war das damals sensationell. Ich habe Filme mehrfach geschaut, wie beispielsweise „Picknick am Valentinstag“, „Solange es Menschen gibt“ oder „Rosemaries Baby“ von Roman Polanski und unzählig viele andere. Filme, die mich dann allesamt sehr geprägt haben.
Ich hatte zwar den vagen Wunsch und die Hoffnung, mit dem Filmgeschäft irgendwie in Berührung zu kommen, aber ich hatte keine Ahnung wie ich das anstellen soll. Mir war schon früh sehr klar, dass man mit Filmen sehr viele Bedürfnisse befriedigen kann. Bücher zu lesen, gute Geschichten anzuhören, ist das eine. Aber es zu schaffen, andere zu unterhalten und zu begeistern, das war und ist die schönste Herausforderung. Das beinhaltet, sich zu bewegen und kreativ zu sein. Mit Drehbuchautoren und Regisseuren Ideen zu entwickeln und konkret zu erarbeiten, bereitet mir immer noch enorm Freude – die richtige Besetzung für Filme zu finden und dann, diese Geschichten erzählen zu können. Die Entscheidungsfindung, was man letztendlich realisieren möchte, gehört zum Schwierigsten, was man als Filmemacher als erstes hinkriegen muss. Wenn es dann soweit ist, sind die Vorarbeiten aber auch das Spannende an den Filmprojekten. Dazu kommt die Organisation, die nötig ist, um sich und anderen einen Filmtraum erfüllen zu können.
Die Bücher und Filmthemen eröffnen einem immer wieder neue Welten, auf die ich mich sehr gerne einlasse. Und natürlich ist es schön, wenn ein Film, nach getaner Teamarbeit, vor allem beim Publikum und bei den Kritikern gut ankommt.
Xecutives.net: Mir ist im Interview mit Christine Vachon aufgefallen, dass der Reiz des Produzierens auch darin liegt, Preise zu erhalten, für einen Oscar nominiert zu werden, mit den entsprechenden finanziellen positiven Konsequenzen auch für die Proudzentin. Wenn es gelingt, mit einem geringen finanziellen Aufwand und mit einer guten Geschichte ein Millionenpublikum zu erreichen, so hat das zweifelsohne einen gewissen Reiz, dem man möglicherweise gerne erliegt. Haben Sie als Produzent auch so einen Trieb in sich?
Thomas Woebke: Jeder hat natürlich einen anderen und individuellen Ansporn. Grundsätzlich ist es das höchste Ziel, an Filmen zu arbeiten, die Menschen begeistern können. Es geht mir um Kreativität und Fantasie. Was mithilfe unserer Fantasie entsteht und was dann im Drehbuch steht, muss richtig umgesetzt werden. Die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Mitstreitern ist die wichtigste Aufgabe und meine stärkste Motivation. Es geht darum, gemeinsam eine „runde Sache“ zu produzieren, so dass das Publikum einen Film mag. Natürlich ist es grossartig und eine zusätzliche Belohnung, wenn Filmwerke dann mit Preisen bedacht werden, so wie die Oscar-Nominierung von „Jenseits der Stille“. Bei diesem Filmwerk waren wir sehr naiv und jungfräulich unterwegs. Wir gingen vorerst davon aus, dass es sich einfach um eine Behindertengeschichte handelt, um taubstumme Menschen. So war mir zum Beispiel wenig bewusst, dass die Bezeichnung „Taubstumm“ falsch ist, dass man besser „gehörlos“ sagt und jemand, der nicht hört, durchaus sprechen kann. Und das Drehbuch zum Film hat uns einfach berührt. Bei der Auseinandersetzung mit dem Stoff wurde mir klar, welche Vorurteile ich anfangs selbst hatte, wofür ich mich dann später schämte.
Wir machten den Film ohne eine Zusage eines Kinofilmverleihs. Aber wir hatten Partner wie zum Beispiel das Schweizer Fernsehen und den Bayerischen Rundfunk mit dabei. Sie fanden das Thema und das Projekt von Beginn an gut. Als der Film später fertiggestellt war, konnten wir den Verleih dann selber wählen. Wir gingen davon aus, dass der Film von vielleicht Hunderttausend Besuchern gesehen wird und waren später total überrascht, als er von zwei Millionen Menschen im Kino gesehen wurde. Die Filmmusik vom Basler Komponisten Niki Reiser hatte auch einen grossen Anteil an dem überwältigenden Erfolg des Films. Der Film gewann viele Preise und wir wurden am Ende sogar mit einer Nominierung für den Oscar belohnt.
Xecutives.net: Mich hat dieser Film sehr berührt. Tatjana Trieb, die im Film die Tochter der gehörlosen Eltern spielt, hat mich absolut überzeugt. Auch der Vater, gespielt von Howie Seago, der auch wirklich taub ist, kommt extrem überzeugend rüber. Wie findet man solche Menschen, die zum Erfolg eines Filmes beitragen, gerade auch, wenn sie so jung sind wie Tatjana Trieb damals?
Thomas Woebke: Dass Tatjana Trieb so überzeugend ist, hat viel mit Caroline Link, der Regisseurin des Films, zu tun. Caroline hat ein unglaubliches Talent, mit Kindern und Menschen überhaupt zusammenzuarbeiten. Sie hat viele Filme mit Kindern gemacht, unter anderem „Pünktchen und Anton“, zuletzt „Der Junge muss an die frische Luft“ oder „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ verfilmt und verfügt über ein grosses Gespür, wie man mit Kindern umgeht, so dass sie alles geben und wahrhaftig rüberkommen. Das kleine Mädchen Lara im Film, gespielt von Tatjana Trieb, hat eine Meisterleistung vollbracht. Sie war im Moment die richtige Wahl, hat sehr schnell die Gebärdensprache gelernt und auch Klarinette geübt. Ihr Talent, mit der Führung und Instruktion von Caroline Link, hat viel zum Erfolg des Films beigetragen.
Der Film hat Jakob Claussen und mich im wahrsten Sinne des Wortes nach oben katapultiert. Wir avancierten in den Neunzigern zu den „upcoming“, den neuen Produzenten. Es war aufgrund dieses Filmwerkes möglich, weitere Filme zu produzieren, so auch „23 – Nichts ist so, wie es scheint“. Die Themen Verschwörung, Drogen und Computerhacken erschienen damals nicht wirklich als publikumswirksam, aber der Film kam dann genau zur richtigen Zeit. Diese Zusammenarbeit mit Hans-Christian Schmid war nicht nur sehr schön, sondern bescherte uns damals die grossen Erfolge. Manchmal frage ich mich, ob diese Filme auch heutzutage so auffallen und sich in der Vielzahl der Filme behaupten würden.
Xecutives.net: Ich möchte noch einmal auf den Anfang unseres Gespräches zurückkommen und den Film „Verschwende deine Jugend“ thematisieren. Dort spielt Tom Schilling einen ganz jungen Produzenten einer Musikband in den Achtzigern, der seine Band als Vorband von DAF, Deutsch Amerikanische Freundschaft, bekannt machen möchte. Mir fällt auf, wie gut besetzt dieser Film ist, mit besagtem Tom Schilling, aber auch einem genialen Robert Stadlober. Gibt es hier Parallelen zu Ihrem Filmdebut „Der schönste Busen der Welt“? Stecken in diesem Film auch Ihre persönlichen Erfahrungen als Produzent mit drin?
Thomas Woebke: Der Film spielt im München meiner Jugendzeit. Ich hatte damals in den Achtzigerjahren verzweifelt versucht, eine Zeitung für „Kultur, Konsum und Abenteuer“ rauszubringen, das Projekt scheiterte dann später. Da sehe ich mich schon in dem Film und mir ging es ähnlich wie Harry, der versucht, ein Konzert zu organisieren.
„Verschwende deine Jugend“ ist von Jakob Claussen und mir produziert worden. Wir waren beide in den Achtzigerjahren 20 Jahre alt und haben ähnliche Dinge erlebt, wie Harry im Film. Es ist schon so, dass unsere eigenen Erfahrungen eine Rolle spielen. Jakob und ich waren ein gutes Team und wir haben uns ergänzt. Wir haben mit Regisseurinnen und Regisseuren zusammengearbeitet, welche zur gemeinsamen Entwicklungen von Büchern und Drehbüchern beigetragen haben. Wenn wir uns alle in einer Geschichte wiedererkennen konnten, war das schon mal eine gute Voraussetzung für die Qualität eines Films und sein Erfolg beim Publikum. Es geht um Emotionen und damit kommt man schnell in seinen eigenen privaten Bereich. Dann wird es interessant und packend, der Moment, in dem man dies dem Publikum offenbart und es damit hoffentlich fesseln kann.
Xecutives.net: Sie haben nicht nur eine glückliche Hand, was die Geschichten betrifft, sondern auch was die Schauspielerinnen und Schauspieler angeht. Ich denke an besagten Robert Stadlober, der in „Sommersturm“ und „Crazy“ die Hauptrollen spielt, aber auch an „Krabat“. Auch Hanno Koffler kommt in Ihren Filmwerken enorm gut rüber, genauso eine junge Franka Potente in „Nach fünf im Urwald“. Sind Sie manchmal selber erstaunt, was alles in diesen Schauspielern steckt?
Thomas Woebke: Absolut, das sind grossartige Schauspielerinnen und Schauspieler. Robert Stadlober war ein herausstechendes Talent. Damals bei „Crazy“ war Robert 17 Jahre alt und bei „Sommersturm“ 20. Aus Tom, Hanno und Robert sind etablierte und erfolgreiche Schauspieler geworden. Tom Schilling war schon als Teenager am Theater in Berlin tätig und beide, Robert und Tom, haben uns beim Casting von Anfang an überzeugt. Hanno Koffler wurde von Marco Kreuzpainter entdeckt, der ihn damals in einem Kurzfilm besetzt hatte.
„Crazy“ und „Sommersturm“ sind Filme, mit denen man noch mal seine eigene Jugend Revue passieren lassen kann. Jakob und mir hat das enorm Spass und Freude gemacht, diese Filme mit zu erarbeiten. Die wichtigste Zuschauergruppe sind die jungen Menschen. Wenn man dann mit so tollen Protagonisten eine Geschichte erzählen kann, dann ist das enorm befriedigend.
Mit den von Ihnen genannten Filmen haben wir ein tolles Publikum erreicht. Mit der Verfilmung von „Crazy“ hatten wir begonnen, bevor das gleichnamige Buch von Benjamin Lebert rauskam und wir hatten keine Vorstellung, wie erfolgreich das Buch und der Film werden könnten. Er vermittelt ein authentisches Lebensgefühl. „Sommersturm“, der die Geschichte eines jungen Menschen erzählt, der sich selber sucht und sich nicht als schwul zu outen traut, war ein riesiger Erfolg. Es ist wunderbar, wenn man erleben darf, wie ein Film auf Menschen positives bewirken kann. Es haben uns viele Zuschauer angeschrieben und uns mitgeteilt, dass es ihnen auch so gehen würde wie den Protagonisten im Film und sie dieselben Erfahrungen gemacht hätten. Das sind sehr schöne Reaktionen, die uns als Filmemacher, Regie und Produktion, enorm freuen. Teenager haben uns geschrieben und mitgeteilt, dass der Film ihnen den Mut gab, sich zu outen, oder bei „Crazy“ die Tatsache, dass man nicht allein ist auf dieser Welt. Viele dieser Reaktionen haben bei uns zu Gänsehaut geführt.
Xecutives.net: Herr Woebke, Sie gehören zu den erfolgreichsten Produzenten im deutschsprachigen Raum und Sie haben mit Roland Emmerich zusammengearbeitet, einer lebenden und weltweit bekannten Filmlegende. Ich spreche vom Filmwerk „Hell“ des Schweizer Filmemachers Tim Fehlbaum, der mit Ihnen als Ehrengast am Basler Gässli Film Festival auftreten wird. Emmerich gehört zu den bekanntesten Produzenten und Regisseuren auf der Welt und hat unglaubliche Blockbusters gemacht, so bspw. auch „Independence Day“ und „White House Down“. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit ihm und was kann man von einem Star wie Emmerich lernen?
Thomas Woebke: Ich kenne Roland seit 1993. Da hatte er seine ersten grossen Erfolge mit „Universal Soldier“ und „Stargate“. Wir sind seit vielen Jahren befreundet. Er hat eine einzigartige Karriere als Produzent und Regisseur des „Weltkinos“ hingelegt. Es ist toll, jemanden wie ihn an seiner Seite zu wissen. Das Schöne an ihm ist, dass er andere Menschen an seiner Erfahrung und seinen Projekten teilhaben lässt – er ist einfach einzigartig und dabei immer ein Vollprofi. Ich habe viel von ihm gelernt und tue das bis heute. Etwas weitergeben zu können, das ist auch ein Grund, am Basler Gässli Film Festival teilzunehmen.
Roland zeichnet aus, dass er beim Drehbuch oder im Schneideraum eine ganz eigene Art hat, Probleme schnell zu erkennen und Lösungsansätze vorschlägt, die dann in der Umsetzung auch funktionieren. In unserem neuen Film „Tides“ hat er uns Tipps und Ratschläge gegeben in Bezug aufs Drehbuch und bei der visuellen Umsetzung. Auch für mich ist die Auseinandersetzung mit ihm immer wieder spannend und lehrreich, auch wenn er mir die Ohren dabei mal lang zieht (lacht). Er bringt sich konstruktiv ein und wenn man auf ihn hört, wird es besser. Roland ist alles andere als abgehoben. Er geht auf die Menschen zu. Er ist ein Typ, der für seine Ideen und Projekte brennt und wahrhaftig ist. Er kann andere Menschen anstecken.
Roland Emmerich war von Anfang an ein grosser Fan von Tim Fehlbaum. Er hat die Kurzfilme dieses Ausnahmetalents bewundert und später hat er beim Film „Hell“ mitgemacht. Tim hatte von Anfang an Hannah Herzsprung im Kopf und wir haben sie dann für den Film auch gewinnen können. Angela Winkler und Lars Eidinger sind ebenfalls grossartige Schauspieler und haben mit ihrer Schauspielkunst zum Erfolg des Films beigetragen. In „Hell“ spielt auch Lisa Vicari mit, die die kleine Schwester Leonie spielt. Es ist einfach toll zu sehen, wie es mit Lisas Karriere weitergegangen ist. Aktuell ist sie mit der Netflix Serie „Dark“ überall total präsent und erfolgreich.
Xecutives.net: Sie kommen in Kürze, zusammen mit Tim Fehlbaum, nach Basel ans Basler Gässli Film Festival, wo in den letzten 10 Jahren sehr viele bekannte Filmemachende teilgenommen haben, so auch Terry Zwigoff, Christine Vachon, Xavier Koller, Frank Coraci und Randal Kleiser, der Macher von „Die blaue Lagune“. Was können Sie selber den jungen filmbegeisterten Menschen dort rüberbringen? Und was veranlasst Sie, an einem solchen Festival mit dabei zu sein?
Thomas Woebke: Ich war damals 29 oder 30 Jahre alt als ich meine Filmfirma gründete. 1991 habe ich Jakob Claussen kennengelernt, mit dem ich meine erfolgreichsten Filme produzierte. Er hatte gerade die Filmhochschule absolviert und bei der Fertigstellung des Kurzfilms „Der schönste Busen der Welt“ hatten wir zum ersten Mal miteinander zu tun. Das hat später zu einer sehr guten und langjährigen Zusammenarbeit geführt. Damals war man beim Filmemachen sicherlich mit anderen Schwierigkeiten und Herausforderungen konfrontiert. Als Filmemacher war man ein Exot und man hatte stets die Sorge, es nicht zu schaffen und irgendwie nicht dabei sein zu können. Heute ist das anders. Man sucht nach den spannenden und jungen Talenten, von denen es viele gibt. Damals aber, vor 30 Jahren, war es für uns schwierig, erstmal ernst genommen zu werden. Die einfachsten und technisch audiovisuellen Möglichkeiten wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Auch das Internet steckte in den Anfängen. Das hat alles natürlich seine Vor- und Nachteile. Vorteil ist heute, dass es technisch zwar einfacher ist, etwas zu produzieren und zu erarbeiten, aber gleichzeitig ist auch der Wettbewerb sehr viel grösser geworden. Damals, als ich anfing mit der Produktion von Filmen, war eine Handvoll Filmemacher unterwegs. So fühlte es sich jedenfalls für uns an. Heute sind es Tausende von jungen Menschen, die ihre Filmprojekte auf sozialen Netzwerken und generell im Internet vorstellen.
Nun, was kann man jungen Talenten empfehlen? Es geht darum, mit etwas zu beginnen, das heraussticht, so wie uns das mit unserem Kurzfilm gelungen war. Was ich den jungen Filmemachern auch mitgeben möchte, ist die Erfahrung, dass alle am Ende nur mit Wasser kochen. Wichtiger denn je ist es, dass man Teams bildet und dass man Menschen um sich hat, die am selben Strick ziehen und auf die man sich verlassen kann. Man muss sich zusammenfinden und zusammen arbeiten, nicht eine Egogeschichte durchziehen. Dann soll man Erfahrungen sammeln und seine eigenen Stärken und Schwächen kennenlernen. Und am Ende zählt, an sich und seine Träume und deren Verwirklichung zu glauben und zu arbeiten – auch wenn das alles tausendmal gehörte Binsenweisheiten sind, sie sind einfach wahr.
Xecutives.net: Sehr geehrter Herr Woebke, ich bedanke mich herzlich für dieses Gespräch und ich wünsche Ihnen für Ihre Filmprojekte alles Gute und einen erfolgreichen und spannenden Aufenthalt am Basler Gässli Film Festival 2020.
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