Liest man alte Zeitungen, stösst man schnell auch auf Werbung. Diese kam damals nicht viel anders daher als Werbung heute. Es wurde alles angepriesen, von Allerweltsheilmitteln, bis Reha-Klinik-Aufenthalte, dampfbetriebene Maschinen, Webstühle, Messer, Hüte, die damalige neuste Mode, Nähmaschinen, Mundspülwasser, Fotoapparate u.v.m.
In der Folge erscheinen einige Inserate, die durchaus noch einen Bezug zum Hier und Jetzt aufweisen. Etliche Firmen, die vor 120 Jahren oder auch vor 150 Jahren Werbung betrieben haben, sind von der Bildfläche verschwunden. Zum einen gibt es Produkte, die wir nicht mehr brauchen oder nicht mehr als nützlich empfinden, zum anderen haben viele Firmen Krisen nicht überstehen können und sind untergegangen. Einige wenige Unternehmen und Marken jedoch haben es bis ins Hier und Jetzt geschafft. Sie werden die meisten nachfolgenden Firmen und Marken bestimmt auch kennen. Und hier stellt sich die Frage, welche der heutigen Firmen es schaffen werden, auch in 120 Jahren ihre Produkte und Leistungen anzubieten.
Sirolin, Roche
Sirolin von Roche, damals F. Hoffmann La-Roche & Cie. Chem. Fabrik Basel u. Grenzach, war ein Hustensaft und Allerwelts-heilmittel. Sirolin-Werbung erscheint in vielen Zeitungen und Zeitschriften rund um 1900, mit oft sehr grossen Inseraten. Offenbar ist das Heilmittel, mit dem auch Nachtschweiss verhindert werden konnte, auf grossen Anklang gestossen. Sirolin hebe auch den Appetit und das Körpergewicht. Den Anzeigen in den Zeitungen und Zeitschriften kann entnommen werden, dass offenbar „minderwertige Nachahmungen“ angeboten würden und man deshalb nur Sirolin in Roche-Originalverpackung verlangen solle.
Sammlung: Objektbeschreibung (Historisches Museum, Basel)
Hotels
Schon im 19. Jahrhundert sind Zeitungen und Zeitschriften voll von Schweizer Hotel- und Pensions-Empfehlungen, oft für Rehabilitation, aber auch für schöne Aufenthalte in damals schon bekannten Tourismus-Destinationen in der Schweiz. Das geschichtsträchtige Grand Hotel Locarno am Lago Maggiore, in Muralto gelegen, soll gemäss aktuellen Informationen offenbar von einer Tessiner Immoblienfirma restauriert werden. In der Anzeige aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts wird dieses „vollendeste Etablissement“ für schöne Winteraufenthalte empfohlen – „im prächtigsten Winterklima Europas“.
Beim siebten Anlauf klappt es – Historisches Grand Hotel Locarno soll wiederbelebt werden – News – SRF
Das Hotel Eden in Montreux, 1896 eröffnet, hatte damals in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts auch in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ inseriert. Man liest, dass das Hotel elektrisch beleuchtet sei und einen Lift sowie eine „Centralheizung“ habe, was Interessenten anlocken sollte. Auf der Website des Hotels Eden au Lac ist zu lesen: Viele berühmte Gäste genossen bereits den Komfort unserer Zimmer. Charles Aznavour und Umberto Tozzi, George Clooney, Kofi Annan, Francis Huster, Van Morrison , Harry Roselmack, Frédéric François, Jean-Michel Jarre, Christophe Willem, Régine und Pierre Richard.
Sie waren unsere Gäste – Eden Palace
Maggi und Dr. Oetker
Dr. Oetker’s Backpulver erscheint schon sehr früh in vielen Zeitschriften, so auch in den Ausgaben der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ aus den Jahren 1902 – 1906. Das heute sehr bekannte weltweit tätige Unternehmen wurde1891 von Dr. August Oetker gegründet. Nur mit diesem Backpulver liesse sich Kuchen backen, die „vollkommen locker und leicht verdaulich“ sind. Auch das Dr. Oetker Pudding-Pulver wird angepriesen. Auch Maggi mit der Maggi-Würze (Maggi gehört seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu Nestlé) fehlt nicht. Beide Unternehmen, Dr. Oetker und Maggi/Nestlé sind auch heute noch erfolgreich tätig. An die kleinen braunen Maggi-Fläschchen, die noch vor ein paar Jahrzehnten in jedem Restaurant auch in der Schweiz auf dem Tisch anzutreffen waren, können sich viele Menschen noch erinnern. Damit wurden auch Eier gewürzt, die man in vielen Restaurants auf dem Tisch vorfand.
Continental und Pfaff
Die Firma Continental Pneumatic wirbt Anfang des 20. Jahrhunderts in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ für Radreifen. Der schnittige Herr mit dem passenden Anzug fürs Fahrradfahren, man beachte die Zigarette in seiner rechten Hand (!), war offenbar sehr passend für Werbung und sollte für Aufmerksamkeit sorgen. Das Unternehmen galt schon damals als sehr innovativ. Es entwickelte Luftreifen für Fahrräder schon im Jahr 1892 und Profilreifen für Autos im Jahr 1904. Auf der Website von Continental finden sich weitere interessante Informationen zur Geschichte des Unternehmens.
Unsere Geschichte | Continental – Continental AG
Pfaff gehört zu den Unternehmen, die einem in den Sinn kommen, wenn es um Nähmaschinen geht. Das Unternehmen hat offenbar schon ab 1863 Nähmaschinen produziert. Das Unternehmen mit Sitz in Kaiserslautern wirbt im Inserat für allerbeste Qualität und man stellt fest, dass die Nähmaschinen von Pfaff auch für die Kunststickerei „hervorragend gut geeignet“ sind. Solche und ähnliche Nähmaschinen zieren heute Stuben, dienen als Whiskey-Bar und man sieht sie hin und wieder in Antiquitäten-Shops, wo sie den einen oder anderen noch an die alten Zeiten erinnern mögen.
Zeiss und Kodak
Carl Zeiss Optische Werke Jena bietet „Photographische Objective in 3 Construktionstypen“ an: „Unare, Planare, Protare für alle Zwecke der Photographie“. Schon 1846 gründete Carl Zeiss in Jena eine Werkstatt für optische und feinmechanische Instrumente. Er fing an, sich der Entwicklung von Mikroskopen zu widmen. Noch heute steht Zeiss für Hightech. Zeiss ist auch bekannt für astronomische Instrumente wie Fernrohre oder Spiegelteleskope.
Lichtempfindliche Post-Karten, die bei künstlichem Licht gedruckt und entwickelt werden können, der Marke Kodak werden Anfang des 20. Jahrhunderts in Werbeinseraten in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ angeboten. Kodak hat die Geschichte der Fotografie wesentlich geprägt. Das Unternehmen hat nach unglaublichen Erfolgen empfindliche Dämpfer hinnehmen müssen – und ist von der Konkurrenz überholt worden. Der Name Kodak jedoch kennt auch heute jedermann, der sich für Fotografie und Film interessiert.
Eine kurze Geschichte von Kodak | The Independent Photographer
Schokolade Cailler und Milka Suchard
In ganzseitigen Anzeigen wirbt Suchard damals in der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ für die „Chocolade“ Milka. Suchard geht auf 1826 zurück, als Philipp Suchard nahe Neuenburg in der Schweiz anfing, Schokolade zu produzieren. Der Name „Milka“ kommt von den beiden Wörtern Milch und Kakao. Die Milka-Schokolade wurde 1901 eingeführt. Mit ganzseitigen Anzeigen liess man sich die Vermarktung offenbar etwas kosten. Die Kuh war zwar noch nicht lila, wurde aber als Werbung für die Schokolade bereits eingesetzt. Der Hintergrund in der Werbung war damals noch grün.
Entdecke Milka! | Milka – Geschichte
Auch F.L. Cailler wirbt für „Schweizer Chocoladen“. Cailler war offenbar zur Zeit des Inserates das potenteste Schokoladen-Unternehmen in der Schweiz. Das „F. L.“ steht für François-Louis, der Cailler, der das Unternehmen 1819 gründete. 1929 wurde Cailler Teil von Nestlé. Das Unternehmen feierte unlängst sein 200-jähriges Bestehen.
Schokoladenfabrik Cailler feiert 200-Jahr-Jubiläum – SWI swissinfo.ch
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